Zweihundert Jahre sich ineinander faltender Geschichte konzentrieren sich für die Herausgeber der Zeitschrift für Ideengeschichte (1/2023) an einem „sehr deutschen See“, dem in der arkadischen Kulturlandschaft im Südwesten Berlins gelegenen Wannsee. Vom „Haus der Wannseekonferenz“, wo am 20. Januar 1942 laut Protokoll über „mit der Endlösung der Judenfrage zusammenhängende Fragen“ verhandelt wurde, bis zum Grab Heinrich von Kleists, der sich im November 1811 am Kleinen Wannsee erschoß, reicht dort die Kette der Erinnerungsorte. Dazu zählt auch das „romantische Gesamtkunstwerk“ der Sacrower Heilandskirche am Ufer des Großen Wannsees, dem sich die Historikerin Hedwig Richter widmet. Ihr Erbauer, König Friedrich Wilhelm IV., hat derzeit im Rahmen von „1848“, in den Rückblicken auf 175 Jahre März-Revolution und Frankfurter Nationalversammlung, keine gute Presse. Auch für Richter ist er „unter den nicht wenigen verdrießlichen Gestalten der Hohenzollerndynastie eine besonders unerfreuliche“, die 1849 zum Scheitern einer liberaleren Ordnung wesentlich beigetragen habe. Trotzdem zögert sie nicht, den vielseitig musisch begabten Monarchen als bedeutenden „Förderer der Künste“ zu würdigen, dessen sakrales Herrschaftsverständnis sich in Hunderten von Bauten, darunter 300 Kirchen, manifestierte. Diese politisch-ideologische Funktion sieht Richter aber gerade beim „Juwel“ Sacrow zurücktreten. Dort versöhne die Schönheit der Architektur mit deren „fremder“ christlich-theologischer Botschaft. Ganz anders als die goldenen Bibelverse, die der König der Kuppel des Berliner Schlosses applizierte.