Kritik von links hat die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses jahrelang zuverlässig begleitet und bleibt auch nach der Vollendung des Werkes nicht stumm. Um so mehr läßt aufhorchen, wenn ein rechter Architekturkritiker wie Jörg Dittus mit dem Furor eines „Progressiven“ gegen den „konservativen Kitsch“ der „Heile-Welt-Fassaden“, die im Zentrum Berlins als „Humboldt Forum“ anstelle des Hohenzollernschlosses stehen, zu Felde zieht. Aber nicht allein dagegen, sondern ebenso gegen das wiedererrichtete Potsdamer Schloß, wo heute Brandenburgs Landtag tagt. Ein demokratisches Gremium derart in aristokratische Architektur zu verpacken, sei nichts als die mißlungene Inszenierung „verblaßter Größe in hybridisierten Bastardformen“. Und was für die in „gewissen konservativen Kreisen“ so beliebte preußische Architektur im Kleinen gelte, gelte auch für den Städtebau im Großen. Das beweise der abschreckende Versuch, Frankfurts mittelalterliche Altstadt wiederaufzubauen. Wie bei jeder „historistischen“ Rekonstruktion stimmten Form und Funktion hier nicht überein und kollidierten mit der „Bankfurter“ Lebenswirklichkeit. Um wieder „schön“ bauen zu können, sei eine „wahrhaftige Kehre“ nötig. Weg von einer im Liberalismus wurzelnden, „unsere gebaute Umgebung entstellenden Lebensführung, hin zum bescheidenen Leben“. So wie es, die Extreme berühren sich, die taz-Redakteurin Ulrike Herrmann gerade medienwirksam propagiert, die den Kapitalismus auf das Niveau des staatlich verordneten Verzichtsprogramms der britischen Kriegswirtschaft von 1940 „zurückbauen“ möchte (Die Kehre, 13/2023).