© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/23 / 19. Mai 2023

Filmkritik Einst ein Held
Zweierlei Offiziere
Werner Olles

Nach dem Zweiten Weltkrieg in einem schottischen Offizierskasino: Major Jock Sinclair (Alec Guinness) verkündet, daß dies sein letzter Tag als Kommandierender Offizier ist, bevor Oberstleutnant Basil Barrow (John Mills) das Kommando übernimmt. Er selbst werde den Posten eines Stellvertretenden Bataillonskommandeurs übernehmen. Die Charaktere der beiden Offiziere sind jedoch von Grund auf verschieden. Während Sinclair über die Unteroffizierslaufbahn im Krieg eine Karriere als mehrfach ausgezeichneter Truppenoffizier machte, stammt der Akademiker Barrow aus einer alten Offiziersfamilie und lehrte an der Militärakademie Sandhurst. Doch niemand ahnt, daß Barrow unter schweren psychischen Problemen leidet, nachdem er in japanischer Gefangenschaft gefoltert wurde.

Barrows Versuche, die von Sinclair vernachlässigte Disziplin der Truppe wieder zu stärken, stoßen auf die Unzufriedenheit seiner Offiziere, die offen seine Autorität untergraben. Als Sinclair den Liebhaber seiner Tochter Morag (Susannah York) ohrfeigt, drohen die Spannungen zu eskalieren, denn Sinclair soll sich vor einem Militärgericht verantworten, was das Ende seiner Karriere zur Folge hätte. Da sich die Offiziere mit Sinclair solidarisieren, erklärt sich Barrow bereit, den Vorfall nicht zu melden, obwohl er an Sinclairs Integrität zweifelt.

Als in der Offiziersmesse ein ausgelassener Abend mit viel Alkohol stattfindet und die um Sinclair versammelten Offiziere diesen feiern, während Barrow von der Runde ausgeschlossen wird, begibt sich Barrow ins Billardzimmer. Er erinnert sich an die Erlebnisse während seiner Gefangenschaft, seine desillusionierte Lebensplanung und kommt zu der Erkenntnis, daß er keinerlei Autorität mehr besitzt, wofür es nur einen Ausweg gibt …

Ronald Neames Militärdrama „Einst ein Held“ („Tunes of Glory“, 1960) nach dem gleichnamigen Roman von James Kennaway, der auch für das oscarnominierte Drehbuch verantwortlich zeichnet, erzählt die Geschichte zweier gegensätzlicher Kommandeure vor dem Hintergrund eines schottischen Hochlandregiments. In der Inszenierung und vor allem durch die nuancierten schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptdarsteller emotional aufrüttelnd, überzeugt der Film mit einer erstaunlich genauen Schilderung militärischer Bräuche und als eindringliches Zeitbild voller Atmosphäre.

DVD: Einst ein Held. Pidax 2023, Laufzeit etwa 107 Minuten