© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/23 / 19. Mai 2023

Stabile westdeutsche Vorherrschaft in den Medien des „Beitrittsgebiets“
Vorurteile gegenüber Ost-Biographien
(ob)

Eric Marr, gebürtiger Leipziger, lange beim ZDF als Reporter und Moderator tätig, jetzt freischaffend, engagiert sich nebenher für die Initiative „Wir sind der Osten“. Die wendet sich gegen eine auch 33 Jahre nach dem Untergang der DDR fortbestehende Benachteiligung von Bürgern mit „Ost-Biographie“ in allen Lebensbereichen – Wirtschaft, Verwaltung, Justiz, Universitäten und Medien. Obwohl ihr Bevölkerungsanteil bei 17 Prozent liege, besetzen sie nur 3,5 Prozent der „Top-Elitepositionen“. Extrem kraß präge sich dieses Mißverhältnis im Medienbereich aus. Nicht die Hälfte der Chefredaktionen der dreizehn großen regionalen Tageszeitungen zwischen Rügen und Erzgebirge sei mit Mitteldeutschen besetzt. In den Chefredaktionen der auflagenstärksten überregionalen Zeitungen und Zeitschriften gebe es gerade zwei mit DDR-Erfahrung. Und in Vorständen oder Geschäftsführungen großer privater Medienkonzerne? „Null. Da gibt es niemanden.“ Bei den GEZ-Medien sehe es nicht besser aus. Nur eine „ostdeutsche Frau“, gemeint ist die einstige stramme Marxistin-Leninistin Carola Wille, habe es als MDR-Intendantin auf die Führungsebene der ARD geschafft. Marr prangert diese Personalpolitik gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen an, weil deren mit westlichen Vorurteilen und mit Nichtwissen gespickte Berichterstattung über die „Ossis“ die Glaubwürdigkeit der Medien erschüttere und das Vertrauen in „unsere Demokratie in Deutschland“ untergrabe. Darauf sollte die im „Beitrittsgebiet“ dominierende „westdeutsche Elite“ endlich reagieren, indem sie verstärkt Mitteldeutsche in Führungspositionen bringt (zeitzeichen, 4/2023). 


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