© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/23 / 19. Mai 2023

Ergebnisse der Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums
Unheimliche Einnahmen
Jörg Fischer

Die Aufregung war groß: Die „Staatseinnahmen brechen in den kommenden Jahren um fast 150 Milliarden Euro ein“, das verschärfe „die Finanzprobleme der Ampelkoalition“, titelte das Handelsblatt. Der CDU-Finanzpolitiker Christian Haase sprach von einem „haushaltspolitischen GAU“, und rotgrüne Linke sehen in den jüngsten Ergebnissen der Steuerschätzung des Finanzministeriums einen willkommen Anlaß, über Steuererhöhungen und die Schuldenbremse neu nachzudenken. FDP-Ressortchef Christian Lindner warnte seine Koalitionspartner: „Wir können nur das Geld ausgeben, das die Menschen und Betriebe in diesem Land erwirtschaften.“

Doch ein Blick in die finanzpolitischen Details spricht eine andere Sprache: Der Bundeshaushalt ist im laufenden Jahr 476 Milliarden Euro schwer – bei einer Neuverschuldung von 45,6 Milliarden Euro. 2019 waren es noch 120 Milliarden Euro weniger gewesen. Und die Staatseinnahmen brechen laut Steuerschätzung bis 2027 keineswegs ein – ganz im Gegenteil: Schon 2025 nehmen Bund, Länder und Gemeinden voraussichtlich zusammen erstmals mehr als eine Billion Euro ein. Und das sind dann lediglich 32,6 Milliarden Euro (3,1 Prozent) weniger als im Oktober 2022 optimistisch prognostiziert. In diesem Jahr kann der deutsche Fiskus mit sensationellen 920,6 Milliarden Euro rechnen – lediglich 16,8 Milliarden Euro weniger als vor einem halben Jahr geschätzt.

Lindner will sich nun der „haushaltspolitischen Realität“ stellen und „die Ausgaben strikt priorisieren“. Doch das bringt dem Normalbürger bestenfalls wenig. Nein, die Einnahmen und Ausgaben müssen insgesamt runter. Der Staat ist der größte Gewinner der hohen Inflation. Untere und mittlere Einkommensbezieher sowie Rentner werden durch indirekte Steuern und Abgaben – vor allem die Mehrwert- und Energiesteuer – besonders belastet. Eine Senkung auf das EU-Mindestniveau – wie von Juni bis August 2022 vorgemacht – ist überfällig. Zur Gegenfinanzierung könnten die unheimlichen Milliarden für „Energiewende“, „Wärmewende“ und „Zeitenwende“ gestrichen werden. Und würde sich die Bundesregierung ernsthaft für sichere EU-Außengrenzen einsetzen und würde sie mit ihrer Klimapolitik keine steuerzahlenden Produktionsunternehmen vertreiben – dann wären Lindners Haushaltssorgen vorbei.