An diesem Himmelfahrtswochenende beginnt in Hessen das Paulskirchen-Jubiläum. Vor 175 Jahren trat in Frankfurt am Main das erste gesamtdeutsche Parlament zusammen. Und deswegen will man in der Metropole ganz offiziell das Wiegenfest der Demokratie feiern, vier Tage lang. Da sollen sich die Besucher etwa mit speziellen „Virtual Reality“-Brillen in die damalige Epoche versetzen und an der ersten Sitzung der Nationalversammlung vom 18. Mai 1848 teilnehmen können.
Auf einer „fliegenden Volksbühne“ stellen Schauspieler in den Rollen prominenter Protagonisten wie Heinrich von Gagern, Jacob Grimm oder Robert Blum Debatten im Paulskirchenparlament nach. Und für 50 Cent kann man sich dann eine Viertelstunde lang mit historischen Persönlichkeiten – besser gesagt: mit deren Darstellern – unterhalten. Das Institut für Stadtgeschichte widmet sich schwerpunktmäßig der Barrikadenkämpfe beim Septemberaufstand jenes denkwürdigen Jahres.
Im Rathaus der Main-Metropole wird neudeutsch zum „Römer Open“ geladen, Interessierte können sich einen Tag lang die Arbeit der Verwaltung ansehen, während im Kaisersaal eine Installation über „Revolution:Innen“ aufwartet. Und auch der polit-pädagogische Zeigefinger darf nicht fehlen: „Wir schreiben das Jahr 2035 – und die Demokratie wurde abgeschafft. Wie kam es dazu und vor allem: Wie hätte es verhindert werden können?“ Das müssen die Teilnehmer eines sogenannten „Escape-Games“ rund um „Demokratie, Polarisierung und Gesellschaft“ herauszufinden.
Interessant könnte werden, ob – und wenn ja, bei wem – ein besonderes Angebot genutzt wird: Auf dem Platz vor der Paulskirche wird ein Nachbau des Rednerpults installiert, von dem aus einst die Abgeordneten der ersten gesamtdeutschen Nationalversammlung ihre Reden hielten. Es solle „nicht nur ein Fotomotiv, sondern auch Speakers’ Corner sein“, so die Ankündigung. Vor allem an ein jüngeres historisch interessiertes Publikum wendet sich eine Ausstellung im Schloß Philippsruhe in Hanau. Dort wird die Paulskirchen-Nationalversammlung als Playmobil-Modell mit 5.000 Figuren und 20.000 Einzelteilen dargestellt.
Im Bundesrat macht sich Hessen zudem für einen nationalen „Gedenktag zur Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland“ stark. Der entsprechende Antrag stand am vergangenen Freitag auf der Tagesordnung der Länderkammer. Gedacht werden soll dabei des 18. Mai 1848 sowie des 21. Dezember 1848, an dem Freiheits- und Bürgerrechte in ganz Deutschland in Kraft traten; ebenso soll der 18. März 1990, der Tag der ersten freien Wahlen in der damaligen DDR gewürdigt werden. Welcher Tag dafür dann in Frage kommt, solle eine unabhängige Historikerkommission entscheiden. Im Prinzip eine gute Idee, findet auch die oppositionelle AfD im Wiesbadener Landtag. Um ein „aber“ anzufügen und zu bemängeln, daß „beim Gedenken an die Nationalversammlung konsequent die Bedeutung der beteiligten Burschenschafter und weiterer Verbindungsstudenten ausgeblendet wird“, so der kulturpolitische Sprecher Frank Grobe. Die hätten 1848 immerhin ein Drittel der Abgeordneten aller Fraktionen von links bis rechts gestellt.