© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/23 / 19. Mai 2023

Samantha Power. Obwohl kaum bekannt, ist sie eine der mächtigsten Persönlichkeiten der US-Außenpolitik.
Geld gegen Wohlgefallen
Björn Harms

Kaum ein Begriff bringt das Denken des außenpolitischen Establishments in Washington besser auf den Punkt als das angebliche Allheilmittel „humanitäre Intervention“. Und nur wenige Vertreter der amerikanischen Politik verkörpern den Wunsch nach jenem Eingriff aus vermeintlich noblen Gründen so gut wie Samantha Power. Die 52jährige Femme fatale der humanitären Hilfe, die 2011 im Nationalen Sicherheitsrat Präsident Obamas eine der vehementesten Befürworter der Bombardierung Libyens war, führt bereits seit zwei Jahren die öffentlich zwar kaum bekannte, aber politisch gewichtige Bundesbehörde für Entwicklungshilfe.

Die United States Agency for International Development (USAID) ist nicht ohne Grund dem Außenministerium unterstellt. Von hier aus wird ihre weltweite Tätigkeit koordiniert. Tanzen die Länder nach der Pfeife der USA, regnet es Geld. Powers Budget beläuft sich 2023 auf mittlerweile 60,4 Milliarden Dollar (Deutschland: 13 Milliarden Dollar). Durch finanzielle Mittel für Kulturgüter, landwirtschaftliche Hilfe oder Stärkung von Nichtregierungsorganisationen wird in Afrika, Osteuropa oder im Nahen Osten versucht, Einfluß im Sinne der US-Außenpolitik zu nehmen und widerspenstige Regierungen unter Druck zu setzen. Andrew S. Natsios, ein Vorgänger Powers, nannte USAID einmal das „am häufigsten eingesetzte Instrument, wenn Diplomatie nicht mehr ausreicht und der Einsatz militärischer Gewalt zu riskant erscheint“.

Schon während ihrer ersten Karriere lautete Powers Motto: Nicht weniger – mehr Interventionen!

Da paßt es, daß Powers Motto schon während ihrer ersten Karriere als Journalistin lautete: Nicht weniger Interventionen sollen es sein, sondern mehr! Die Pulitzerpreisträgerin übte mitunter heftige Kritik an der US-Regierung, etwa weil diese 1994 beim Völkermord in Ruanda untätig blieb oder es versäumte, 1999 stärkere Luftangriffe auf Serbien anzuordnen. 2008 heuerte sie schließlich selbst im Außenministerium an.

Dank ihres vehementen Eintretens für den „Demokratieexport“ fand Power als Mitglied der Demokraten schnell weitere Verbündete. Auch zahlreiche neokonservative Vordenker und Politiker der Republikaner applaudierten Präsident Obama, als dieser Power 2013 zur Botschafterin bei den Vereinten Nationen ernannte. „Samantha Power ist eine gute Wahl, weil sie eine sehr fähige und prinzipientreue Verfechterin humanitärer Interventionen ist“, erklärte damals Max Boot, prominenter „Neocon“ und Senior Fellow der einflußreichen New Yorker Denkfabrik Council on Foreign Relations. 

Die desaströsen Folgen der Intervention in Libyen, die Obama einmal als größten Fehler seiner Präsidentschaft bezeichnete, schadeten Powers Karriere nicht. Die irischstämmige Yale- und Harvard-Absolventin, die mit acht Jahren in die USA kam, träumt weiter davon, weltweit die Demokratie zu retten. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Foreign Affairs warnt die überzeugte Kämpferin für die LGBTQ-Agenda eindringlich, die um sich greifende „Desinformation“ im Netz müsse stärker bekämpft und die „Zivilgesellschaften“ in zahlreichen Ländern besser gefördert werden. Im Februar meldete sie sich diesbezüglich auch aus Ungarn zu Wort, wo USAID „neue, lokal ausgerichtete Initiativen“ geschaffen habe, um „unabhängigen Medien zu helfen“ und „das zivile Engagement zu stärken“. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.