© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/23 / 19. Mai 2023

Wahl in Bremen
Der warme Schoß der SPD
Lorenz Bien

Eigentlich ist Bremen grünes Kernland. 1979 zog hier die erste grüne Partei in einen Landtag (und nannte sich „Bremer Grüne Liste“), seitdem fiel die Nachfolgerpartei in der Hansestadt so gut wie nie unter fünf Prozent. Doch zur Zeit scheint die Partei auf wenig Liebe zu stoßen. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da sie in der Regierung sitzt und nicht nur ideell, sondern faktisch mitbestimmen darf, fährt sie in Bremen ihr schlechtestes Ergebnis seit 1999 ein. Auffällig dabei: Damals saßen die Grünen auch zuletzt in der Regierung. Wie erklärt man so etwas? Es läßt sich nur mutmaßen, aber es sind Wörter wie „Wärmepumpe“, „Graichenclan“ und „Heizungskeller“, die in den letzten Wochen auffallend häufig zu hören waren. 

Anders gesagt: Selbst wer grün denkt und grün wählt, ist mit der Realität grüner Politik augenscheinlich eher selten zufrieden. In Zeiten, in denen die Lebenshaltungskosten steigen und das eigene Heim in Zukunft unbezahlbar zu werden droht, wirkt die SPD offenbar wie eine verträglichere Alternative. Mag sie mit der klassischen Sozialpartei der alten Tage auch nicht mehr allzu vielzu tun haben; die Sorge, sie könnte den Lebensstandard der Wähler derart freudig und bewußt demolieren, schien den Bremern wohl vernachlässigbar. 

Trotz der großen Beliebtheit „progressiver“ Ideen und Parteien zeigt sich wieder einmal, daß die Deutschen in einem recht banalen und sehr unpolitischen Sinn ziemlich konservativ sind: Sie mögen partout keine Veränderungen.