© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/23 / 12. Mai 2023

Kabinenklatsch
Nicht so bierernst, bitte!
Ronald Berthold

Wir leben in einer Weicheier-Gesellschaft. Natürlich ist es nicht schön, den Inhalt eines Bierbechers über den Kopf zu bekommen. Einem Schiedsrichter ist das beim Gang in die Kabine in Zwickau passiert. Der Edelfan auf der VIP-Tribüne war mit der 

Elfmeterentscheidung des Unparteiischen für RW Essen kurz vor der Halbzeit nicht einverstanden und schüttete zornig sein kühles Blondes dem Mann in Schwarz entgegen. Wie gesagt, nicht nett, aber auf einem Fußballplatz auch nicht die Mega-Gewalt. Es wurde niemand verletzt, und es gibt Handtücher. Für mich ist das jedenfalls kein Grund, ein Spiel abzubrechen. Es stand 1:1, und für die Sachsen ging es in dieser von der Presse als „Abstiegsendspiel“ titulierten Partie um alles.

Ein kleiner Zwischenruf: Sie haben sicher auch schon diese merkwürdigen Bierduschen gesehen, die der FC Bayern bei jeder Meisterfeier auf dem Platz zum Ritual erhoben hat. Da rennen die Spieler jedem hinterher und kippen den Gerstensaft dann Trainer, Funktionären und wem weiß ich nicht alles über den Schädel. Beschwert hat sich darüber noch niemand. Ich finde das infantil.

Der Spielabbruch in Zwickau und die Entscheidung des DFB, die Partie mit 2:0 für Essen zu werten, ist genauso kindisch. Was können Mannschaft und Fans dafür, daß ein Zuschauer sich verhalten hat wie ein Bayern-Spieler? Also, alles, was recht ist, aber auf so eine Art in den Abstiegskampf der 3. Liga einzugreifen, ist unerhört. Der Bierkipper wurde schnell ausfindig gemacht, und dann konnte der Schiri Anzeige erstatten. Damit hätte man es bewenden lassen müssen. Aber das paßt nicht in unsere Gesellschaft, in der jeder ein Opfer sein möchte.