In der Berichterstattung über ein Groß-ereignis fallen oftmals kleine Begebenheiten unter den Tisch. Es sind Wahrnehmungen, die zu raumgreifend wären, um sie in dem Artikel zu erklären. Manchmal finden sie dann wenigstens Erwähnung in einer Randspalte. Wir Journalisten nennen sie Splitter. Über solch einen kleinen, aber bemerkenswerten Splitter soll hier berichtet werden:
„Kurz vor unserer Abreise bin ich noch einmal allein durch Budapest spaziert“, erzählte JF-Chefredakteur Dieter Stein nach seiner Rückkehr von der CPAC, einer Konferenz konservativer Netzwerker, der Autorin dieser Zeilen. „Unweit vom Parlament kam ich zu einer schwarzen Steinrampe.“ Rund hundert Meter lang und vier Meter breit. An ihren gegenüberliegenden anthrazitfarbenen Mauern sind 12.537 Worte eingelassen. Am Kopf der Rampe lodert ein ewiges Feuer. „Als ich da durchging“, sagte er, „fragte ich mich, was ist das bloß? Vielleicht ein Denkmal für den Ungarn-Aufstand 1956?“
Nein! Es ist das Denkmal der nationalen Zusammengehörigkeit, auf ungarisch heißt es: Nemzeti Összetartozás Emlékhelye. Ministerpräsident Orbán weihte es 2020 ein. Es bezieht sich auf den 100. Jahrestag des Vertrags von Trianon und erinnert an all die Orte, die Österreich-Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg abtreten mußte. Stein: „Wissen Sie, ich dachte so bei mir, wie würden wir in Deutschland mit solch einem Denkmal wohl umgehen?“ Nun, sicher müßte es rund um die Uhr bewacht werden. Sehen Sie, liebe Leser, dieser Splitter ist doch erwähnenswert, oder?