Stellen Sie sich vor, Sie lebten in einem Land, in dem jeder eine Klimasteuer zu zahlen hätte, und zwar einmal im Leben, auf einen Schlag. An einem noch unbestimmten Tag würde der Staat kommen und Sie zwingen, eine bisher in der Höhe unbestimmte Steuer zu entrichten. Eine hohe fünfstellige Summe. Geld, das Sie vielleicht nicht aufbringen können, das Sie mangels Bonität vielleicht nicht leihen können, und das also existenzbedrohend ist. Dieses Risiko unterscheidet sich von Problemen wie Krankheit, Brand, Verkehrsunfall, selbst dem Pflegerisiko. Das konnte man (halbwegs) versichern. Jetzt aber müssen Sie Hab und Gut veräußern, um die Klimasteuer aufzubringen.
Gibt’s nicht, sagen Sie! Doch. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) erschafft die Bundesregierung ein Existenzrisiko für jeden Bürger in nie dagewesener Höhe. Denn rein rechnerisch muß jeder Bürger sich darauf einstellen, einmal im Leben seine Heizung auszutauschen, sei es als Eigentümer oder als Mieter. Als Eigentümer sieht er sich Kosten in fünfstelliger Höhe ausgesetzt. Als Mieter werden ihm die Sanierungskosten scheibchenweise übertragen, denn nach heutiger Rechtslage können elf Prozent in die Nettojahresmiete überwälzt werden; die ohnehin schon hohen Mieten werden für noch mehr Bürger unbezahlbar. Kein Risiko ist so teuer wie dieses; es ist wegen der 100prozentigen Schadenswahrscheinlichkeit nicht versicherbar, es kommt mit Sicherheit in Ihrem Erdenleben auf Ihren Haushalt zu. Zeitpunkt und Höhe sind ungewiß; der Zeitpunkt hängt davon ab, wann Ihre alte Heizung den Geist aufgibt, die Höhe von den dann notwendigen Umbauten, dem Markt für Wärmepumpen, der Verfügbarkeit von Fachkräften usw.
Der korrekte Ausdruck ist Klimasteuer, denn eine Steuer ist eine Abgabe, der keine spezifische Gegenleistung gegenübersteht. Das unterscheidet eine Steuer von einer Gebühr, die für eine konkrete Leistung erbracht wird, beispielsweise für Abwasser oder Müllentsorgung. Beiträge, etwa die GEZ, sind auf die potentielle Inanspruchnahme hin definiert, denn den öffentlich-rechtlichen Rundfunk könnte man zumindest aus Versehen mal sehen.
Daß es keine Gegenleistung gibt, ergibt sich aus einer ganz einfachen Rechnung. Der deutsche Wohnungsbausektor trägt etwa 0,24 Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Selbst wenn alle Staaten das Pariser Abkommen von 2015 vollumfänglich umsetzen würden und ihre Reduktionsziele bis zum Jahr 2100 durchhalten würden, ergibt sich aus den Modellen des Weltklimarats (IPCC) eine Reduktion des Erdtemperaturanstiegs um nur 0,24 Grad Celsius (°C). Der Beitrag durch das GEG ist minimal: Wenn man von einer durchschnittlichen CO2-Emission von 30 Kilogramm pro Quadratmeter Wohnfläche ausgeht, 100 Quadratmeter Wohnungsgröße unterstellt und 42,8 Millionen Privatwohnungen, dann emittiert der deutsche Wohnungssektor 128 Millionen Tonnen CO2. Einer Faustformel der UN zufolge würde das nach 40 Jahren, wenn der Wohnbestand CO2-neutral ist, einer Reduktion der Erdtemperatur um 0,0022 °C entsprechen. Abgesehen von der Fehleranfälligkeit der zugrundeliegenden Klimamodelle ist eine solche Reduktion, bezogen auf das Ende des Jahrhunderts, weder spür- noch meßbar; sie ist statistisch nicht von einer Zufallsschwankung zu unterscheiden. Man kennt das ja, man betritt einen Raum und fragt sich, wer die Heizung um zwei tausendstel Grad runtergedreht hat?
Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Habeck, die Wärmepumpe bei zu ersetzenden Gas- und Ölheizungen zum Standard zu machen, wird zu einer steigenden Obdachlosigkeit führen. Die Wohnungen werden umverteilt von der Mittelschicht zu den Reichen; der Obdachlosigkeit voraus geht eine massive Verarmung der Bevölkerung. Der Effekt fürs Klima ist, wie gezeigt, äußerst gering, wenn nicht gleich null.
Die Austausch- und Sanierungskosten gehen in die Billionen. Die Kosten der Vermeidung jeder Tonne CO2 werden im vierstelligen Bereich liegen, während die CO2-Steuer zur Zeit 30 Euro beträgt. Warum diese kostspielige Sonderbehandlung der Hauseigentümer? Ist es Unwissenheit oder pure Ideologie?
Sicher, es wird staatliche Subventionen geben. Aber das Geld, das in den Bestand fließt, sei es privater oder öffentlicher Natur, fehlt an anderer Stelle, etwa beim Neubau von Häusern und (Sozial-)Wohnungen, wo jetzt schon Hunderttausende fehlen.
Aber auch die Vermietung von Bestandsimmobilien wird zurückgehen. Statt eine Wärmepumpe einzubauen, könnte ein Vermieter einfach den Schlüssel umdrehen und die Wohnung bei der nächstbesten Gelegenheit leer stehen lassen. Wertvoller Wohnraum geht verloren. Vielleicht erklären in ihrem Verordnungswahn irgendwelche Behörden auf Geheiß des Schornsteinfegers Wohnungen für unbewohnbar – weil die „richtige“ Heizung fehlt. Für die Mieter, mehr als die Hälfte der Wohnbevölkerung, kommt es knüppeldick.
Schon jetzt ist der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Sollte im Zuge des Sanierungszwangs das Haus notverkauft oder zwangsversteigert werden, scheidet der Umzug in eine Mietwohnung aus, denn das Angebot sinkt, und die Kaltmieten explodieren.
Gesamtwirtschaftlich werden wir in eine Dauerrezession abgleiten. Denn Vermögensverluste durch einen Preissturz der eigenen Immobilie, höhere Mieten und Angstsparen auf den „Tag X“ hin werden zu einer dauerhaften Konsumzurückhaltung führen, die die Wirtschaft querbeet schädigt. Der Staat wird dann wieder mit massiven Konjunkturprogrammen einschreiten. Zudem will er ja auch umfangreiche Subventionen für den Heizungsaustausch bereitstellen. In Anbetracht der bereits hohen Verschuldung, steigender Zinsen und einer aufgeblähten Geldmenge droht unser Geld- und Finanzsystem qua Überlastung zu kollabieren.
Wer bekommt nun die Wohnungen und Häuser, die notverkauft oder zwangsversteigert werden? Zum einen werden viele Wohnungsbaugesellschaften „zuschlagen“, da sie bessere Finanzierungs- und Verschuldungsmöglichkeiten haben. Darunter könnten auch Immobilienfonds sein, die sich zu Schnäppchenpreisen in Deutschland eindecken. Und schließlich einige wenige Reiche in Deutschland, Kommunen und die Beamtenschaft.
Warum die Beamtenschaft? Weil Beamte und Pensionäre viel bessergestellt sind als Arbeitnehmer im privaten Bereich. Ihre Anwartschaften auf Pensionen übertreffen die auf eine staatliche Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) um das 2,4fache bei Frauen und das 2,3fache bei Männern. Bedeutet: Auf 1.200 Euro Rente bei einem Nicht-Beamten kommen rund 2.800 Euro Pension bei einem Beamten. Der muß zwar mehr Steuern entrichten, wird aber bei Kranken- und Pflegeversicherung durch Beihilferegelungen entlastet. Mehr noch: Diese hohen Zahlungen sind bis ans Lebensende garantiert und damit eine verläßliche Sicherheit, wenn ein Kredit benötigt wird. Denn der solvente Staat garantiert, daß der Pensionär – in gewissem Rahmen – nicht zahlungsunfähig wird. Damit ist ein pensionierter Beamter für die kreditgebende Bank von hoher Bonität, anders als der GRV-Rentner oder gar der Selbständige. Ironie der Geschichte: Der Selbständige, der mit dem Erwerb von Immobilien für sein Alter vorgesorgt hat, bekommt selber nicht den Kredit, um diese Immobilien wie vom Gesetz gefordert zu sanieren. Das Lebensrisiko wird massiv umverteilt zulasten der produktiven Bevölkerung, zu Gunsten der öffentlichen Hand.
Der Verkauf der Wärmepumpensparte von Viessmann an die US-Gruppe Carrier hat gezeigt, daß mächtige Finanziers vom Wärmepumpengesetz profitieren (wollen). Die hinter Carrier stehenden Vermögensverwalter wie Vanguard und Blackrock, Milliardäre wie Christopher Hohn und Hal Harvey, die mit irgendwelchen Umweltstiftungen verbunden sind, finanzieren deutsche „Think Tanks“ wie Agora und deren Strippenzieher, die mittlerweile an prominenter Stelle im Wirtschaftsministerium das Sagen haben.
Einige Fonds sind auch in Immobilien investiert. Sie werden die Häuser und Wohnungen zu einem Schnäppchenpreis aufkaufen, mit Hilfe von Subventionen sanieren und dann teuer vermieten.
Wer leicht an Kredit kommt, wer Eigenkapital einsammelt, wer sich über die Börse refinanzieren kann, und wer die nötige Bonität hat (Beamte, Pensionäre, die öffentliche Hand), der wird in diesem Wärmepumpen-Monopoly gewinnen.
Die Städte und Gemeinden werden Kredite aus gedrucktem Zentralbankgeld organisieren, direkt oder indirekt, und sich ebenfalls bedienen. Sie erwerben Wohnraum für Migranten und Einwanderer und sind mit einem Schlag die Sorgen um Unterbringung los.
Und wo geht der Mittelstands-Michel hin? Er verliert sein Eigenheim und sieht sich exorbitant steigenden Mietpreisen gegenüber. Auswandern geht kaum. Die Lösung wird sein, sich mit mehreren Menschen oder größeren Familien eine Wohneinheit zu teilen. Das Muster gibt es schon, in den Innenstädten von Paris, London und New York, wo Menschen mit geringem bis mittlerem Einkommen zwangsweise Wohngemeinschaften bilden.
Nie war das Risiko der Obdachlosigkeit so hoch wie heute. Die Marktkräfte, die Habeck & Co. offenbar nicht verstehen, führen zu einem Minus an Wohnraum und exorbitant steigenden Mieten. Deutschland, mit einer Wohneigentumsquote von 43 Prozent ohnehin am unteren Rand der EU, wird noch ärmer. Der Median-Deutsche ist mit einem Vermögen von rund 55.000 Euro nicht einmal unter den Top 20 in der Welt, mit nicht einmal einem Viertel des Median-Vermögens eines Australiers mit 247.000 Euro. Selbst Portugal rangiert Stand 2021 mit 60.000 Euro klar vor Deutschland.
Das schrumpfende Vermögen geht über an (US-)Investoren und den Staat, mitsamt seinen Staatsdienern. Der normale Bürger wird zum Bittsteller und sich in die lange Reihe derer einreihen müssen, denen der allmächtige Staat Sozialwohnungen zuteilt.
Prof. Dr. Reiner Osbild, Jahrgang 1962, ist Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Emden/Leer. 2010/11 war er Gastprofessor in Dalian (China). Zuvor arbeitete er im Kapitalmarktgeschät großer Geldhäuser. 1993 wurde Osbild mit einer Arbeit zum Thema „Staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt“ promoviert.
Foto: Plakatives Symbol für eine Wärmepumpe: Hauseigentümern und Mietern drohen horrende Kosten durch die Umrüstung der bald de-facto verbotenen fossilen Heizungen