© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/23 / 12. Mai 2023

Zeitschriftenkritik: Crisis
Aus dem Osten kommt das Licht
Werner Olles

Mit der Frühjahrsausgabe (Nr. 4) schließt das viermal jährlich erscheinende Journal für christliche Kultur Crisis seinen ersten Jahrgang ab. Das Titelthema „Ex oriente lux“ („Aus dem Osten kommt das Licht“) ist im Sinne des Vorworts „als Einfluß einer Welt der Ideen, als eine kulturelle und besonders geistliche Bereicherung“ zu verstehen: Im Gegensatz zu „Ex occidente luxus“, dem aus dem Westen kommenden Luxus und Wohlstand mit seinen Begleiterscheinungen Wohlstandsverwahrlosung, Entchristlichung, Infantilisierung in Kultur und Bildung, Überalterung und demographischer Niedergang, Verächtlichmachung von Traditionen, massenhaften Wanderungsbewegungen, die von zunehmender Islamisierung begleitet werden, Zusammenbruch der fundamentalen moralischen und vitalen Werte (Homo-Ehen, LGBTIQ etc.) sowie der bewußten Zerstörung des Industriestandorts Deutschland durch die Ampelregierung.

Man könnte diese Diagnose endlos fortsetzen, doch lassen wir den Wirtschaftswissenschaftler Walentin J. Katasonow den „Untergang Europas durch die Augen Spenglers und des heiligen Nikolai von Serbien“ beschreiben. Spenglers acht grundlegende Zivilisationen in der Geschichte der Menschheit zitierend, sieht der Autor, daß Europa schwerste Prüfungen durchlebt, die dazu führen, daß durch die Umwandlung in einen „multikulturellen Raum“ die europäische Zivilisation nicht mehr vorhanden sein werde. Daß Europa formell noch existiere, widerlege nicht die Richtigkeit des deutschen Philosophen, denn das Sterben einer Zivilisation könne sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. 

Der Informatiker Danny de Boer taucht auf seiner Suche nach einem Weg aus der Sinnkrise des Westens in die Welt christlicher Symbolik ein und in kleine, junge deutschsprachige Gemeinschaften ehemaliger Atheisten, die eine Belebung des „flachen Materialismus des Westens“ anstreben und das Motto verfolgen: „Geh’ in die Kirche!“ Der Frage, ob eine deutsche Orthodoxie möglich und notwendig ist, geht das Ehepaar Hoffmann-Plesch nach. Nach dem Münchner Religionswissenschaftler Friedrich Heller habe die westliche Kirche in der Frühzeit eine „ähnliche Vielgestaltigkeit in Verfassung und Ritus“ aufgewiesen wie die Ostkirchen. Sie benutzten eine Form der Liturgie, wie sie noch heute in der orthodoxen Kirche üblich sei. Erst mit dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches bildeten sich auf dessen Territorien „Stammeskirchen“ neben und parallel zur lateinischen Kirche der Romanen. So gab es auch in Nord- und Mitteldeutschland sowie in Bayern bereits im 5. und 6. Jahrhundert Christen, die in enger Verbindung zu Byzanz standen. 

Kontakt: Crisis, c/o Gregor Fernbach, Feldstraße 5, 47669 Wachtendonk. Das Einzelheft kostet 9,50 Euro, ein Jahresabo 38 Euro.

 www.crisis-journal.de