© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/23 / 05. Mai 2023

Zeitschriftenkritik: Deutsche Sprachwelt
Gegenwehr zur Gendersprache
Werner Olles

Die viermal jährlich erscheinende Zeitung Deutsche Sprachwelt befaßt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (Nr. 91, Frühling 2023) im Leitartikel von Schriftleiter Thomas Paulwitz mit den Volksabstimmungen gegen das Gendern. So hat der Heidelberger Rechtsanwalt Klaus Hekking innerhalb kürzester Zeit schon fast alle 10.000 notwendigen Unterschriften für das Volksbegehren „Stoppt Gendern in Baden-Württemberg“ zusammenbekommen. Tatsächlich will eine radikale Minderheit der Sprachgemeinschaft Sprech- und Schreibweisen aufzwingen und wird dabei von grün-rot-linken Regierungen unterstützt, während die Parlamente tatenlos zusehen. Allein in Thüringen hat sich der Landtag mit seiner bürgerlichen Mehrheit gegen das Gendern ausgesprochen. In Wahrheit gibt es laut Umfragen in keiner Partei eine Mehrheit für das Gendern. Auch die Gesamtbevölkerung spricht sich klar gegen den „Flurschaden der Gendersprache“ (Thomas Paulwitz) aus. In Österreich können sich die Bürger im Juni für das Anti-Gendern-Volksbegehren eintragen und damit den Nationalrat auffordern, ein Bundesverfassungsgesetz für das Recht, nicht zu gendern, zu beschließen.

Der Beitrag von Otto Thoenißen „Wider die anmaßende Duzerei“ setzt sich mit den Nebenwirkungen des Verlusts der Höflichkeitsform auseinander. Der Autor zitiert die Satire-Zeitschrift Titanic, in der es 1984 hieß: „Deutsche! Irgend jemand hat neulich herausgefunden, daß fast 85 Prozent von Euch bereit sind, sich duzen zu lassen. Ihr findet das gut. Wir nicht. Merkt Euch das.“ Dies sei nicht satirisch gemeint gewesen, „denn das Schleimende und Übertölpende in gesellschaftlichen Entwicklungen aufzudecken, war damals unter der Ägide der sprachmächtigen Großmeister Robert Gernhardt oder Eckhard Henscheid durchaus ein Anliegen der mittlerweile ja leider degenerierten Neuen Frankfurter Schule“ (Thoenißen). Siezen sei ein Zeichen von Anerkennung und Respekt, dennoch befinde es sich auf breiter Linie auf dem Rückzug. Doch biete sich jenseits der Gender-Lobby und der Anglizisten-Stammler der Sprachpflege ein weites Feld, und „vielleicht sollte den gleisnerischen Schmeichlern eine stärkere Gegenbewegung etwas auf die Sprünge helfen.

In Klaus Fischers „Bericht aus Berlin“ lesen wir die Äußerung des Regisseurs und Oscar-Preisträgers Volker Schlöndorff: „Ich kann diese Hysterie, diesen neuen puritanischen Impuls nicht ertragen. Übrigens auch nicht, wenn es ums Gendern geht. Und man weiß ja gar nicht, ob man noch ‘black’ sagen darf oder „afro-american“ sagen muß. Darf man ‘white man’ sagen? Das ist alles überflüssiges Rumzensieren am anderen.“

Kontakt: Deutsche Sprachwelt, Postfach 1449, 91004 Erlangen. Das Jahresabo kostet 17 Euro.

 www.deutsche-sprachwelt.de