In der Bundesrepublik, so klagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder (Uni Kassel), schreite die politische, wirtschaftliche und kulturelle Spaltung mit großen Schritten voran. Zwar gehörten Klassen- und Konfessionskonflikte in Deutschland der Vergangenheit an, aber soziokulturelle Differenzen, entstanden „vor allem durch Zuwanderung“, seien auch heute „kein Sonderfall, sondern eher die Norm“. Zumal diese die Stabilität des demokratischen Staates gefährdende Entwicklung verstärkt werde durch die Allgegenwart der sozialen Medien, die eine Aufspaltung des Gemeinwesens in unzählige, gegeneinander abgeschottete Öffentlichkeiten zementierten. In einer Zeit tiefergehender Kultur- und Wertkonflikte würden sich hier keine Kompetenzen ausbilden, die zu deren „Zivilisierung“ nötig sind. Als Gegenstrategie empfiehlt der bekennende Sozialdemokrat Schroeder, der von 2009 bis 2014 als Staatssekretär im brandenburgischen Arbeitsministerium amtierte, „bessere Formen der Kommunikation“. Die fänden sich, ein Hinweis, den Professor Schroeder offenbar ohne humoristischen Ehrgeiz erteilt, in den öffentlich-rechtlichen Medien, sofern sie ihre Rolle als vierte Gewalt wirklich ausfüllten. Wie das „essenziell bedeutende Mediensystem“ als eine für alle Bürger zugängliche Öffentlichkeit ein „möglichst vielfältiges, politisch unabhängiges und qualitativ hochwertiges Angebot“ bereitstellen und eine „wertebasierte Diskurskultur“ festigen könnte, nachdem das zumindest in den letzten 30 Jahren nicht gelungen ist, verrät der Vorsitzende der SPD-Traumfabrik „Das Progressive Zentrum“ leider nicht (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 4/2023).