Bis vor zwei Jahrzehnten lieferten 19 AKWs bis zu 30 Prozent des deutschen Stroms. Der Rest kam von einem Mix aus Kohle-, Gas-, Öl-, Müll- und Wasserkraftwerken. Der Strompreis lag bei 17 Cent pro Kilowattstunde (kWh) – doch 2003 begann mit der Abschaltung des AKW Stade der Atomausstieg und die Energiewende nahm mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Fahrt auf: 2019 wurde die 30-Cent-Marke überschritten, im April 2023 waren es 47 Cent. Das endgültige AKW-Aus, die CO2-Abgaben für „fossile“ Kraftwerke und immer mehr volatiler Wind- und Sonnenstrom machen Energie nicht billiger, wie die grüne Spitzenpolitikerin Katrin Göring-Eckardt behauptet, sondern immer teurer.
Ihr Parteifreund Robert Habeck mußte das eingestehen: „Wenn wir die Preise deckeln, verlieren wir Geld. Wenn wir sie nicht deckeln, verlieren wir womöglich die Industrien der Zukunft“, warnte der Wirtschaftsminister vorige Woche. Es gibt zwar – wegen Ukrainekrieg, EU-Sanktionen und Inflation – die Strompreisbremse, die 80 Prozent des bisherigen Privatverbrauchs bei 40 Cent deckelt. Bei Firmen mit über 30.000 kWh Jahresverbrauch sind es 13 Cent netto für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs, doch darüber wird der Marktpreis fällig. In der Türkei, den USA, China oder Indien zahlen Firmen nur einen Bruchteil davon. Auch im Kernenergieland Frankreich gibt es für große industrielle Stromverbraucher Strom für weniger als fünf Cent je kWh – das ist eine Einladung an alle deutschen Firmen, die unter der Energiewende ächzen, aber die hürdenreiche Flucht in ein Nicht-EU-Land scheuen.
Olaf Scholz sieht aber ein „kleines“ Problem: Deutschland könne es „auf Dauer nicht durchhalten, alles, was an normaler wirtschaftlicher Tätigkeit stattfindet, zu subventionieren“. Und der ehemalige Finanzminister hat hiermit völlig recht. Doch der SPD-Kanzler weigert sich, den einzigen realistischen Ausweg zu eröffnen: Das Stromangebot muß steigen – dann sinken ganz ohne Subvention die Preise. Aber das geht nur, wenn Atom- und Kohleausstieg rückgängig gemacht werden. Allein mit Sonnen- und Windstrom sowie teuren Erdgaskraftwerken für „Dunkelflauten“ läßt sich ein Industrieland in Mitteleuropa nicht zuverlässig mit Strom versorgen. Für ein deindustrialisiertes Agrargebiet würde es allerdings völlig reichen.