Der Name des Gesetzes ist fast so lang wie die Diskussion darüber. „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (SBGG) lautet der vollständige Name des Entwurfs, der nun in die finale Ressortabstimmung der Bundesregierung geht. Das Gesetz soll einem modernen „medizinischen und gesellschaftlichen Verständnis von Geschlechts-identität Rechnung tragen“, heißt es in der Einleitung. Im Mittelpunkt steht die Änderung des Geschlechtseintrags per Willensbekundung auf dem Standesamt. Alle bisher notwendigen psychiatrischen Gutachten entfallen. Nachdem die Vorstellung der Eckpunkte im Juni vergangenen Jahres für Kritik gesorgt hatte, hat das federführende Familienministerium nun erste Präzisierungen vorgenommen. Und die haben es in sich.
Wer älter als 14, aber noch nicht volljährig ist, braucht für die Änderung seines Geschlechtseintrags das Einverständnis eines gesetzlichen Vertreters – in der Regel die Eltern. Sollte deren Entscheidung allerdings nicht dem Kindeswohl entsprechen, kann auch ein Familiengericht darüber entscheiden. Woraus sich eine Verletzung des Kindeswohls in einem solchen Fall allerdings konkret ergibt, darüber schweigt sich das Gesetz aus. Möglich sind Klagen Minderjähriger gegen den Willen ihrer Eltern.
Neu ist ebenfalls, daß in Frauen vorbehaltenen Räumen das Hausrecht gelten soll. Saunen, Umkleiden oder Damentoiletten sind demnach nicht verpflichtet, biologischen Männern Zutritt zu gewähren, egal welcher Geschlechtseintrag in ihrem Paß steht. Auch sollen Transfrauen nicht automatisch in Frauengefängnissen untergebracht werden. Entscheidend seien in diesen Fällen verschiedene Sicherheitsinteressen, die „abgewogen“ werden sollen. Auch beim Sport soll es kein Anrecht darauf geben, daß das neugewählte Geschlecht einem die Teilnahme an geschlechtergetrennten Ereignissen oder Wettkämpfen erlaubt. Ebenso wird im anstehenden Kriegsfall weiterhin das biologische Geschlecht entscheiden, wer eingezogen wird. So bleibt die „rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht“ bestehen, wenn der Wunsch zur Geschlechtsänderung „in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang“ mit der Ausrufung des Verteidigungsfalls stehen.
Empfindliche Strafen warten hingegen auf Personen, die Transpersonen gegen ihren Willen „outen“, also ihren abgelegten Namen oder das abgelegte Geschlecht benennen oder veröffentlichen. Entstehen der Transperson dadurch Schäden, drohen bis zu 10.000 Euro Bußgeld. Ausgenommen sind nur Eltern und Ehepartner. Geschwister dagegen sind laut Entwurf gezwungen, den neuen Namen zu nutzen. Auch bei Quotenregelungen ist das eingetragene Geschlecht maßgeblich. Ändert eine Person in einem Gremium oder Organ ihr Geschlecht nach einer Besetzung, muß das neue Geschlecht bei der nächsten Besetzung berücksichtigt werden. Sämtliche Gesetze zur Schwangerschaft gelten unabhängig des Geschlechtseintrags für biologische Frauen. Gesetze, die hingegen die Zeugung betreffen, betreffen ausschließlich biologische Männer, auch wenn diese ihre Geschlechts-identität rechtlich ändern. Wann der Bundestag sich damit beschäftigt, ist noch unklar.
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