© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/23 / 28. April 2023

Düstere Perspektiven
Über die Dämonologie
Werner Olles

Von Voltaire, der vieles war, nur eines nicht, ein Atheist, stammt diese Aussage: „Der Satan! Dies ist das ganze Christentum; kein Satan, kein Heiland!“ Heute können viele diesen Satz, von dessen Wahrheit Voltaire überzeugt war, nicht mehr auf ihre Fahne schreiben. Der aufgeklärte Mensch von heute weiß mit Bestimmtheit, daß es sich bei Engeln, Dämonen, der Besessenheit, Magie, falscher Mystik, Spiritismus, Hexenwesen und dem apokalyptischen Ende mit dem Erscheinen des Antichrist um psychopathologische Phänomene und Symptome handelt, die sogar „milieubedingt“ sein können, so daß sie, wenn sie medikamentös oder psychoanalytisch behandelt werden, ziemlich schnell verschwinden. 

Das Geübtsein in der geistigen Erfassung geistiger Realitäten auf dem Fundament einer gesunden Philosophie gehört schon lange nicht mehr zur Erkenntnispotenz des modernen Menschen, der jedoch ungemein verengt, eingeschränkt und fast nur noch auf zeitliche Dinge fixiert worden ist. Der Mensch des Hochmittelalters, gleichgültig ob es sich um Christen, Juden oder Mohammedaner handelte, war hingegen fasziniert von dem Gedanken einer Existenz reiner Geistwesen und suchte nach Erkenntniswegen, um sich ihrer, da sie ja zur Schöpfungsordnung gehörten, zu vergewissern. Der Mensch von heute hat nicht einmal mehr eine historische Kenntnis von diesen Dingen, wie schon das dümmliche Nachplappern vom „finsteren Mittelalter“ beweist. Für den typischen Deutschen fängt bekanntlich das Denken erst mit Kant an, den er zwar nicht gelesen hat, wohl aber an ihn glaubt.

Darum enthält das hier vorzustellende Buch auch nichts Sensationelles und ist vor allem kein religiöses Erbauungstraktat für fromme Seelchen, eher könnte man es für eine Kriminalgeschichte halten, wenn es nicht auf Tatsachen beruhen würde, die allerdings einige düstere Perspektiven eröffnen. Der Verfasser Egon von Petersdorff machte in seiner Jugend lebensbedrohliche Erfahrungen mit Esoterik, Spiritismus, Okkultismus und der Irrlehre des gottlosen Kommunismus. Als Laientheologe forschte er Jahrzehnte auf dem Gebiet der Dämonologie und legte neben der vorliegenden „Kleinen Dämonologie“ noch ein zweibändiges Standardwerk vor, das bis heute in Inhalt und Tiefe unerreicht ist. Als Päpstlicher Geheimkämmerer bei Pius XII. erstellte er ein umfangreiches Dämonologisches Archiv und legte in seinen Werken aus katholischer Sicht eine systematische Lehre von den Dämonen und dem Bösen dar. Dabei bietet die vorliegende Neuauflage den unveränderten Text der mit kirchlicher Erlaubnis herausgegebenen Originalausgabe von 1960, aktuell versehen mit einem Vorwort von Vitus Huonder, dem emeritierten Bischof von Chur.

Egon von Petersdorff: Dämonen, Hexen, Spiritisten. Die Mächte der Finsternis einst und jetzt. Eine Dämonologie aller Zeiten. Renovamen-Verlag, Bad Schmiedeberg 2023, broschiert, 274 Seiten, 19 Euro