Jeder neue Anfang entsteht aus dem Ende eines anderen Anfangs“, sagte Seneca, und Aristoteles ergänzte: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“ Sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen und auch wieder ganz von vorne zu beginnen, das ist gleichzeitig das Prinzip und Credo aller wissenschaftlichen Forschung und der oftmals steinige Weg zu neuen, bahnbrechenden Erkenntnissen. „Anfang & Ende“ ist daher auch das Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe (Nr. 21, März 2023) des Forschungsmagazins Ruperto Carola der Universität Heidelberg. Beiträge aus den dreizehn Fakultäten der Hochschule zeigen, welche Fragestellungen am Anfang eines Projekts und welche Bandbreite an Ergebnissen am Ende von Forschungsvorhaben stehen können. Thematisch geht es unter anderem um Reproduktions- und Palliativmedizin, um das Ende von Kulturen, Zivilisationen, Sprachen und Dialekten, Initialen in mittelalterlichen Handschriften und das Leben und Sterben von Galaxien. „Wir staunen über die Schönheit eines Schmetterlings, aber erkennen die Veränderungen so selten an, durch die er gehen mußte, um so schön zu werden.“ Das sagte die 2014 verstorbene US-amerikanische Schriftstellerin und Professorin Maya Angelou, und die Zeitschrift nimmt diesen Gedanken auf und gibt damit den Lesern spannende und inspirierende Einblicke in die Forschungen von Heidelberger Wissenschaftlern – zwischen Anfang und Ende.
Die Historikerin Stefanie Gänger und der Astrophysiker Matthias Bartelmann debattieren über lineare und zyklische Zeitvorstellungen, über Narrative des Niedergangs und über den Zauber, der neuen Anfängen innewohnt. Bartelmann bezeichnet die Vorstellung einer auch in der Physik auftauchenden linearen Zeit als „ein wesentlich westliches Produkt“. Immerhin könnten wir zumindest in einer Hinsicht das Ende sehr genau beziffern, nämlich wenn die Sonne ihren Kernbrennstoff verbraucht habe. Dies werde definitiv das Ende unseres Sonnensystems und der Zivilisation auf der Erde sein, obwohl das Universum davon recht unberührt bleibe. Gänger konkretisiert die stark im kollektiven Bewußtsein verankerte Vorstellung, daß jede Zivilisation einen Zyklus durchläuft und irgendwann endet. Dies manifestiere sich am deutlichsten in Oswald Spenglers „Der Untergang des Abendlandes“. Doch sei die Endzeitvorstellung grundsätzlich ein kulturell kontingentes Konzept aus der christlichen Lehre, und nicht jede Kultur teile die Vorstellung, daß die Welt irgendwann enden werde.
Weitere Beiträge: „Mission Sprache. Dem Vergessen entreißen“, „Erfindung Geist. Die Antwort des Lebens“ und „Leben und Sterben der Galaxien. Kosmisches Spinnennetz“.
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