Die Verhältnisse auf dem Markt geisteswissenschaftlicher Zeitschriften, einem wichtigen Segment des sinnstiftenden Überbaus, sind für den Bielefelder Literaturhistoriker Holger Dainat derzeit „kompliziert und bedürften einer ausführlichen Analyse“. Immerhin lasse sich darüber so viel sagen, daß in der Verlagsbranche eine Konzentration stattfinde, die ihresgleichen suche. Eine Reihe von Traditionsverlagen wie J. B. Metzler, Hermann Niemeyer, Oldenbourg, Wilhelm Fink, Vandenhoeck & Ruprecht und viele andere mehr, deren Gründungsdaten bis zu 300 Jahren zurücklagen, sind nicht mehr eigenständig. Zugleich revolutioniert die Digitalisierung das wissenschaftliche Publikationswesen. Zeitschriften müßten nicht mehr gedruckt und verkauft werden, es gehe nur noch um den Handel mit Nutzungsrechten. Ferner verändere sich die Finanzierung. Mit Drittmitteln geförderte Tagungen hätten nicht mehr die Funktion, den sozialen Zusammenhalt in der Gelehrtenrepublik zu fördern, sondern die Textproduktion zu stimulieren, die vermehrt den Tagungsbänden und nicht den Zeitschriften zufließe. Schließlich sei nicht zu leugnen, daß sich dieser Prozeß vor dem Hintergrund eines rapiden Bedeutungsverlusts philologischer zugunsten naturwissenschaftlicher Fächer vollziehe. Gerade die Germanistik verliere an Gewicht, obwohl noch „keine Generation in der ganzen Weltgeschichte mehr geschrieben und gelesen hat als unsere Studierenden“. Was sich aber leider nicht in deren literarischer Kompetenz widerspiegelt. Nur die Anglistik dürfe in einer angloamerikanisch vernetzten medialen Welt auf steigendes Interesse bei den Studenten hoffen (Euphorion, 4/2022).