Es ist Sonntag nachmittag und Marlene Svazek winkt für die Fotografen aus einem der Fenster des Salzburger Landtagsklubs. Die 30jährige hat allen Grund zur Freude: Soeben hat die FPÖ bei den Salzburger Landtagswahlen unter ihrer Führung vorläufig 25,8 Prozent und damit das historisch beste Ergebnis ihrer Partei im Bundesland eingefahren. „Ein unglaubliches Ergebnis“, so Svazek in einer ersten Reaktion gegenüber Medienvertretern. Auftrieb verleiht ihr starkes Abschneiden auch der Bundes-FPÖ. Parteivorsitzender Herbert Kickl wertet das Wahlergebnis in einer Aussendung als „Auftrag, um konsequent und geradlinig weiterzuarbeiten“, und sieht die FPÖ auf dem Weg zu höheren Weihen: „Die nächste Stufe ist spätestens im Herbst dann der Anlauf aufs Kanzleramt und eine Bundesregierung unter freiheitlicher Führung.“
Ähnlich äußert sich der stellvertretende FPÖ-Bundesparteivorsitzende Manfred Haimbuchner im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT: „Marlene Svazek hat mit ihrem sympathischen Auftreten, ihrer bürgerlichen Tonalität und einem verbindlichen Politikverständnis das Vertrauen der Salzburger gewonnen. Ich gratuliere ihr auf das Herzlichste und hoffe, daß dieses Engagement mit einer Regierungsbeteiligung gekrönt wird.“
Schwache SPÖ ringt um ihren künftigen Kurs
Bei der konservativen Salzburger ÖVP von Landeshauptmann (Ministerpräsident) Wilfried Haslauer herrscht derweil Ernüchterung. Zwar wurde man mit vorläufig 30,4 Prozent der nominelle Wahlsieger, verlor dabei jedoch mit einem Minus von 7,41 Prozentpunkten an Zustimmung. Die Herausgeberin des Boulevardmediums Express, Eva Schütz, sprach in einer TV-Runde von einem „großen Trend“ bei der Volkspartei, dem zufolge man sich jetzt wieder auf das Niveau von vor der Ära Sebastian Kurz „eingeschwungen“ habe. ÖVP-Landesparteichef Haslauer gab sich indessen unbeirrt: „Nummer eins ist gewonnen, und gewonnen ist gewonnen“, legte er gegenüber dem ORF seine Sicht auf das Wahlergebnis dar. Auch an einen Rücktritt denkt der 66jährige nicht; den hatte er gegenüber Medienvertretern für den Fall angekündigt, daß es nicht für Platz eins reichen sollte.
Seine schwarz-grün-pinke „Dirndl-Koalition“ aus Konservativen, Grünen und sozialliberalen Neos konnte Haslauer indes nicht retten, denn auch die Koalitionspartner mußten Federn lassen. Während die Grünen ein leichtes Minus von vorläufig 1,11 Prozentpunkten bei insgesamt 8,2 Prozent Wähleranteil verzeichneten, wurden die Neos gar aus dem Landesparlament gekegelt. Ein Verlust von drei Prozentpunkten und nur noch 4,2 Prozent Wählerzuspruch bedeuten das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde.
Welche Koalition künftig Salzburg regieren soll, darauf wollte sich Haslauer am Wahlabend noch nicht festlegen. Er sprach von „drei Varianten, die realistisch sind“, und schloß dabei nur eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten der KPÖ dezidiert aus. Diese hatten für die zweifellos größte Überraschung des Tages gesorgt, als sie quasi aus dem Stand mit 11,66 Prozent zum ersten mal seit 1945 wieder den Sprung in den Landtag schafften. Zwar gilt die KPÖ in Salzburg als gemäßigt links, jedoch stößt deren namentlicher Auftritt vielen sauer auf: „Wer sich im Angesicht von weltweit 100 Millionen Toten durch den Kommunismus heute noch mit Begeisterung ‘Kommunist’ nennt, muß sich fragen lassen, ob ihm das Wohl der Menschen wirklich am Herzen liegt. Unabhängig von der gelebten politischen Ausrichtung plädiere ich auch in der Symbolik für eine unzweideutige Positionierung auf dem Boden der demokratischen Ordnung. Alles andere ist eine Verhöhnung der unzähligen Toten, die auf das Konto der mörderischen Kommunismus-Ideologie gehen“, so der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer gegenüber der jungen freiheit.
Neben der allgemeinen Themenkonjunktur von Wohnungsnot bis Teuerungskrise spielte den Kommunisten auch die Schwäche der Sozialdemokratie in die Hände, die auf Bundesebene seit Wochen in einem offenen Machtkampf um einen neuen Parteivorsitzenden ringt. Erwartbar schwach schnitten die Genossen der SPÖ dann auch ab: Mit einem leichten Minus von zwei Prozentpunkten und einem Ergebnis von 17,9 Prozent blieb man deutlich unter den eigenen Ansprüchen. In dem aktuell laufenden Mitgliedervotum für den Parteivorsitz schürt das Salzburger Ergebnis indes den Streit der Bewerber um die künftige Ausrichtung der SPÖ. Im Team um den Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Peter Doskozil, sieht man das starke Abschneiden der FPÖ als Auftrag, künftig auch rechten Wählern ein Angebot zu machen. Für die Unterstützer seines Widersachers, des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler, ist hingegen das starke Abschneiden der KPÖ ein Beweis für die Notwendigkeit eines Linksrucks innerhalb der Sozialdemokratie.
Derweil betonte die SPÖ-Chefin Rendi-Wagner: „Unser Ziel muß es sein, daß wir wieder gemeinsam und geschlossen auf unsere sozialdemokratischen Kernthemen setzen: auf Soziales, Wohnen, Gesundheit und Pflege, auf Bildung und den Kampf für ein leistbares Leben.“ Es könne niemals die Lösung für die SPÖ sein, in Richtung FPÖ zu schielen und die Partei nach rechts zu rücken, erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und unterstich: „Wir müssen uns einer menschenverachtenden und die Gesellschaft spaltenden Ideologie, wie sie die FPÖ als Ganzes vertritt, immer mit aller Kraft entgegenstellen.“