Ein U-Boot am Hockenheim-Ring ist so fehl am Platz wie ein SUV bei der Klimademo. Und doch geht Unterseeboot U17 in Kürze auf Schleichfahrt vom Nordostseekanal zum Rhein. Die 500 Tonnen der stählernen Zigarre haben 600 Kilometer Weg vor sich: Das Unterseeboot der Bundesmarine soll vom Kieler Hafen ins Technikmuseum Speyer. Das erinnert an die legendären Szenen aus „Fitzcarraldo“ mit Klaus Kinski als Irrem vom Dienst, der einen Flußdampfer durch den Urwald schleppen läßt.
U17 wurde 1973 im Kalten Krieg auf Kiel gelegt und war hauptsächlich in Nord- und Ostsee sowie im Mittelmeer im Einsatz. Generationen von Wehrdienstleistenden haben an Bord gedient. Das Boot ist fast fünfzig Meter lang. Das entspricht zwölf hintereinander geparkten Pkw! Inklusive Turm ist es so hoch wie ein dreigeschossiges Haus. Es hat einen Tiefgang von viereinhalb Metern und kann maximal hundert Meter tief tauchen. Die längste Tauchdauer beträgt 96 Stunden. 2010 wurde das Boot vom Typ 206 ausgemustert und dümpelte elf Jahre in Wilhelmshaven vor Anker. Vor zwei Jahren wurde es zur Entwaffnung nach Kiel verbracht.
Nun soll es zu Wasser und zu Lande von der Küste bis an die Grenze von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gelangen: von Kiel erst nach Nimwegen in Holland, von dort nach Köln und über Mainz nach Mannheim, von da nach Speyer und vor Ort auf der Straße vom Hafen zum Museum. Wer könnte so etwas logistisch und technisch meistern? Natürlich alte, weiße Männer!
Jürgen Weber ist Fregattenkapitän a. D. und Geschäftsführer des Verbands Deutscher U-Bootfahrer e. V. Er punktet besonders mit seinem Fachwissen über Unterseeboote. Der Dipl.-Ing. Hermann Layher ist Präsident des Auto-Technik-Museum e.V. und der Spezialist für bewegliche Technik im Team. Heinz Rössler ist Geschäftsführer einer Spedition, die seit 40 Jahren Schwerlasttransporte in ganz Europa durchführt. Wolfgang Fuchs schließlich ist Vizepräsident des Auto-Technik-Museum e.V. und glänzt als Gerüstbaufachmann mit technischem Support.
Ihr Plan: Ende April wird U17 mit einem 900-Tonnen-Kran auf einen see- und flußtauglichen Schwimmponton gezogen und darauf durch den Nord-Ostsee-Kanal entlang der Nordseeküste nach Rotterdam geschifft. Dann geht es auf der Waal durch die Niederlande wieder nach Deutschland: über den Rhein vorbei am Kölner Dom, am Deutschen Eck und der Loreley bis nach Speyer. Hier geht das U-Boot an Land: auf einem Spezial-Schwerguttransporter in Schrittgeschwindigkeit durch die Nacht Richtung Technikmuseum. Insgesamt dauert die Tour laut Plan drei Wochen.
U17 überquerte den Atlantik und lag vor Baltimore
Anschließend kümmert sich die aus ehemaligen Besatzungsmitgliedern bestehende „U-Boot-Kameradschaft U17“ um den Erhalt des Bootes als Exponat. Den Männern war es ein Herzenswunsch, „ihren Pott“ zu erhalten und Besuchern zugänglich zu machen. Zu seinen Glanzzeiten überquerte U17 während einer Übung sogar den Atlantik und lag als erstes deutsches U-Boot seit 1916 vor Baltimore. Insgesamt wurden 18 Boote dieser Klasse gebaut, zwei Schwesterboote von U17 tun immer noch in der kolumbianischen Marine Dienst.
Perspektivisch ist der Platz vor dem Museum in Speyer nur ein Zwischenhalt, denn langfristig soll U17 weiterziehen ins Technikmuseum von Sinsheim im badischen Kraichgau. In Speyer wird es aber zuvor gründlich überholt. „Wer sich für Technik interessiert, wird in dem Boot Stunden verbringen können“, verspricht Jürgen Weber. Die Genehmigungen aller beteiligten Stellen liegen bereits vor, derweil kündigen Gehölzschnittarbeiten in den Rangierbereichen schon die große Aktion an. Schaulustige haben vom 28. April bis 21. Mai entlang der Route Gelegenheit, einen Schnappschuß von diesem ungewöhnlichen Dino-Transport zu machen.
Spenden für den Erhalt des Museums: www.technik-museum.de