Nach dem am 3. April vorgelegten Entwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist klar: In den meisten Fällen gibt es keine zugelassene sinnvolle Alternative zum Einbau einer Wärmepumpe. Das gilt auch für die Heizungserneuerung in Bestandsimmobilien. Die formal zulässigen Hybridheizungen (Wärmepumpe plus Gasheizung für Spitzenlastzeiten) dürften kaum nachgefragt werden, denn diese sind nicht nur sehr teuer, sondern müßten wegen des ab 2045 geplanten vollständigen Heizverbotes Ende 2044 stillgelegt werden. Dementsprechend lautet das Fazit von Kai Warnecke, Präsident des Privateigentümerverbandes Haus & Grund, gegenüber der Bild-Zeitung mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf: „Technologische Offenheit ist in der Theorie gegeben – aber in der Praxis gibt es überwiegend nur eine Lösung: Dämmung und Einbau einer Wärmepumpe.“
Auf die von Warnecke angesprochene Notwendigkeit gleichzeitiger umfassender Maßnahmen zur Dämmung der Gebäude machte auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, im Gespräch mit dem MDR aufmerksam: „Wenn beispielsweise ein unsaniertes Gebäude mit einer Wärmepumpe betrieben wird, dann können sie dort auch gleich einen Tauchsieder reinhängen. Eine Wärmepumpe aufzustellen bringt in einem solchen Fall nichts.“ Eine solche faktische Sanierungspflicht würde allerdings mehr als die Hälfte der deutschen Wohngebäude treffen, denn von den zirka 19,4 Millionen Gebäuden in Deutschland sind nach einer aktuellen Studie rund zehn Millionen Häuser aus energetischer Sicht nicht für den Betrieb einer Wärmepumpe ausgelegt.
Bislang existieren für diese etwa zehn Millionen Gebäude keine verläßlichen Abschätzungen für die Gesamtkosten sämtlicher erforderlicher Sanierungsmaßnahmen einschließlich des Einbaus von Fußbodenheizungen anstelle der bisherigen Heizkörper; allein für diese Maßnahme wird mit Kosten von voraussichtlich 1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gerechnet. Im Ergebnis würde dies für eine durchschnittliche Wohnung in Deutschland mit einer Wohnfläche von 92 Quadratmetern Sanierungskosten von deutlich über 100.000 Euro bedeuten, aufzubringen in aller Regel durch eine entsprechende Sonderumlage des jeweiligen Immobilieneigentümers.
Auch Wohnungseigentümer in Mehrfamilienhäusern sind durch das GEG in Gefahr: 96 Prozent der Immobilienverwaltungen sehen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht in der Lage, die verlangten energetischen Sanierungen vorzunehmen. Das ergab eine Umfrage des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) bei 1.600 Immobilienverwaltungen. 87 Prozent der Verwaltungen schätzen zudem, daß die Erhaltungsrücklagen der WEG nicht ausreichen, um ältere Heizungen auszutauschen. 90 Prozent der Wohnungseigentümer würden auch nicht in der Lage sein, deutlich höhere Rücklagen aufzubauen oder Sonderumlagen zu leisten.
Drastischer Wertverfall von Millionen Bestandsimmobilien
In diesem Zusammenhang macht der AfD-Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann auf ein bislang nicht nur von der Ampel-Koalition offenbar völlig ausgeblendetes Risiko aufmerksam: „Die absehbaren Sanierungslasten werden noch in diesem Jahr zu einem drastischen Verfall der Werte von Millionen Bestandsimmobilien führen, denn potentielle Erwerber werden zu einem Kauf nur noch mit hohen Abschlägen bereit sein“, so der Ökonom und erfahrene Immobilienexperte. Dies ist für die bisherigen Eigentümer nicht nur ein schwerer wirtschaftlicher Nachteil, sondern bedroht sie sogar für den Normalfall, daß sie einen Verkauf gar nicht beabsichtigen.“ Dies sei, so Kaufmann, zumindest bei denjenigen Eigentümern – egal ob Selbstnutzer oder Vermieter – der Fall, die die Immobilie mit einem hohen Fremdkapitalanteil erworben haben.
Durch den rasch einsetzenden Preisverfall der unsanierten Immobilie drohe nämlich deren Wert unter die noch offene Restverbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut zu sinken, so daß die Bank auf Basis von Paragraph 490 BGB sowie ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Maßnahmen zur Nachbesicherung des Kredites fordern werde. „Eine solche Nachbesicherung ist regelmäßig möglich im Fall der Verschlechterung der persönlichen finanziellen Situation oder eben der Werthaltigkeit einer als Sicherheit in die Finanzierung eingebundenen Immobilie“, so Kaufmann weiter. Dies sei aufgrund stetig steigender Preise und relativ geringer Arbeitslosigkeit nur selten der Fall gewesen, was sich aber nun massiv ändern könnte: „Neben den drohenden Sanierungslasten trägt auch das gestiegene Zinsniveau zu den bereits jetzt spürbaren, drastischen Abschlägen bei, was die Wahrscheinlichkeit flächendeckender Nachbesicherungsforderungen durch die Banken signifikant erhöhen wird.“
Da viele Eigentümer diese aufgrund fehlender Liquidität aber nicht werden leisten können, dürfte es zu einer Welle von Zwangsversteigerungen kommen – was absehbar zu einem nochmaligen Abrutschen der Preise führen werde. In Summe werde diese Entwicklung zu Kreditausfällen in Milliardenhöhe bei den Banken führen, verbunden mit einem enormen Abschreibungsbedarf in den Bankbilanzen. Was derartige Verluste für einzelne Banken bedeuten können, habe man ja erst jüngst beobachten können, so Kaufmann. Je nach Stärke des Preisverfalls für Bestandsimmobilien könne hieraus also auch ein systemisches Risiko für das deutsche Kreditwesen mit weitreichenden Folgen für das gesamte Finanzsystem entstehen.
Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes: www.bmwsb.bund.de