Wer im Jahr 2023 ein richtig guter Mensch sein will, muß stets auf der Hut sein. Was früher ein Zeichen von Weltläufigkeit war, etwa die Begeisterung für exotische Speisen, gilt in politisch korrekten Kreisen inzwischen als „kulturelle Aneignung“ und „problematisch“. Wer nicht permanent die neuesten Debatten verfolgt, verliert irgendwann den Anschluß und tritt versehentlich ins Fettnäpfchen. So geschehen einem Seniorinnen-Chor der Arbeiterwohlfahrt. Die 17 Damen zwischen 60 und 87 Jahren sollten bei der frisch eröffneten Bundesgartenschau in Mannheim auftreten. Das Motto der Show: „Weltreise in einem Traumschiff“. Dafür braucht’s – bei schmalem Budget – natürlich Kostüme, etwa japanische Kimonos und mexikanische Sombrero-Hüte. Darob platzte Bundesgartenschau-Geschäftsführer Michael Schnellbach allerdings die Hutschnur und er verbot die weltweit beliebte Kopfbedeckung. Wegen der Diskussion zur „Sensibilität für kulturelle und religiöse Codierungen“ seien „Bedenken an der Wirkung einiger Kostüme“ aufgekommen. Erika Schmalz, Kopf der singenden Hutbürgerinnen, rechtfertigte ihr Vergehen. Der geplante Auftritt habe „nichts mit Rassismus zu tun“. Man wollte „keinen diskriminieren oder verletzten, sondern Freude schenken“. Vom Vorschlag der Veranstalter, die bereits hergestellten Kostüme zu ändern, wollte sie nichts wissen. „Wenn sie Änderungen wollen, bleibt es dabei und wir treten nicht auf!“, sagte sie der Bild. Am Montag abend konnten musikbegeisterte Gartenfreunde aufatmen, denn die Konfliktparteien fanden einen Kompromiß. Die japanischen Kimonos fielen weg, auch die Sombreros mußten verschwinden. Im Gegenzug darf der Chor wenigstens im Poncho auftreten. Im Nachgang gibt es eine Diskussionsveranstaltung über Mikroaggressionen und interkulturelle Sensibilität. Gelebte Demokratie – Hut ab!