© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/23 / 14. April 2023

Investition der Woche
Steuern für Schminke
Christian Vollradt

Ein altes chauvinistisch-gehässiges Klischee lautet: Wenn Frauen ihren Beziehungsstatus ändern, lassen sie sich als erstes „umstylen“: neue Frisur, neue Haarfarbe – und der Inhalt des Kleiderschranks wird auch um 180 Grad gewendet. Glaubt man dem Bund der Steuerzahler, ist dieses Phänomen auch in der Politik zu beobachten. Nach dem Motto: Neue Mehrheiten, neues Make-up; Jamaika oder Ampel? Hauptsache die Frisur sitzt. So jedenfalls könnte gedeutet werden, was die Steuerzahlerschützer zu Beginn dieser Woche ans Tageslicht beförderten. Rund 1,5 Millionen Euro invesierte die noch relativ neue Bundesregierung 2022 in Friseure, Visagisten und Fotografen. Quasi ein Sondervermögen Aufhübschung. Vor allem eine Maskenbildnerin im Auftrag des Auswärtigen Amtes soll mit rund 137.000 Euro einen Löwinnenanteil verschlungen haben, ist im neuen „Sparbuch für den Bundeshaushalt 2023“ nachzulesen. Faltenfreiheit als Teil feministischer Außenpolitik – oder wie ist das zu verstehen? Mascara statt Machiavelli? Oder gar Botoxrepublik Deutschland? Hebt das etwa das Ansehen Berlins in der Welt? Wer sich noch an frühere Zeiten erinnert und die Optik eines Bundeskanzlers Helmut Kohl oder seines Außenministers Hans-Dietrich Genscher vor Augen führt, den werden Zweifel beschleichen. Der eine als „Birne“, der andere seiner Segelohren wegen erbarmungslos verspottet. Erstaunlicherweise tat das jedoch ihrem Ansehen auf internationaler Bühne keinerlei Abbruch. Am altweißmännlichen Klischee von der weiblichen Flucht in den Friseurstuhl ist bekanntlich nichts, aber auch gar nichts dran. Und selbst wenn, bliebe am Ende ja auch die alles entlastende Wahrheit: Für eine kostenintensive Generalüberholung an Haupt und Haar müßte in solch einem Fall immerhin nicht der Steuerzahler aufkommen.