Nach der finnischen Parlamentswahl Anfang April richten sich nun alle Augen auf Riikka Purra, die Parteiführerin der rechtsgerichteten „Finnen“ (Perussuomalaiset), früher „Wahre Finnen“. Der Grund liegt auf der Hand: Purra ist der erste Verbündete des Gewinners der Wahl, Petteri Orpo, der Kokoomus, die bürgerliche Sammlungspartei anführt und neuer Ministerpräsident des nordischen Landes wird und damit die international populäre Sozialdemokratin Sanna Marin ablöst. Während ihr Stern nun sinkt, geht der Purras auf. Denn die 45jährige hat der beliebten Marin nicht nur den Rang der Stimmkönigin abgelaufen, ist also die Abgeordnete mit den meisten Stimmen im ganzen Land, sie hat die Finnenpartei nach deren Spaltung vor sechs Jahren auch zu ihrem größten Erfolg geführt: mit 20,1 Prozent errang sie unter Purra so viele Stimmen wie noch nie und überholte nicht nur die Sozialdemokraten, sondern ist mit nur 0,7 Prozent Abstand zu Kokoomus nun zweitstärkste Kraft.
Die 1977 im südfinnischen Pirkkala geborene Purra interessiert sich bereits seit ihrer Kindheit für Politik. Als junges Mädchen erlebte sie neben ihrer „Konsumkritik“ nach eigenen Worten „ein ziemlich starkes ökologisches Erwachen“, weshalb sie als Jungwählerin oft für die Grünen stimmte. Die mit dem Journalisten Mikko Välimaa verheiratete Mutter zweier Kinder stellt sich in ihrer Biographie auf Instagram folglich mit diesen Worten vor: „Vollwertkost, pflanzlich, roh, Fruchtsäfte, Momente des täglichen Lebens. Mutter, Ehefrau, Überlebende. Finnische Abgeordnete und Parteivorsitzende“.
Als Jugendliche wurde Purra Opfer sexueller Belästigung durch Asylanten, dies hat ihren harten Kurs beeinflußt.
2004 machte sie ihren Abschluß in Politikwissenschaft und begann ein Doktorandenstudium in Internationaler Politik, das sie aber noch nicht beendet hat. Vor ihrem Eintritt in die Politik arbeitete sie als Lehrerin und Forscherin. 2016 begann sie im Parteisekretariat und wurde 2018 Wahlkampfleiterin der Präsidentschaftskandidatin Laura Huhtasaari. 2019 gelang ihr der Sprung ins Parlament sowie ins Amt der Vize-Parteivorsitzenden. 2021 kündigte sie an, die erste Frau an der Spitze der Partei werden zu wollen und versprach, unter ihrer Führung würden die „Finnen“ niemals an einer Regierung teilnehmen, ohne die Einwanderungspolitik wesentlich zu ändern.
Als Jugendliche ist Purra selbst Opfer sexueller Belästigung durch Asylanten in Tampere geworden. Diese Erfahrung hat ihren Kurs in der Einwanderunspolitik beeinflußt. Im Wahlkampf hat sie das gesamte Integrationsmodell in Frage gestellt. Zudem will sie Grenzschließungen für illegale Einwanderer, Familiennachzug und die Erlangung der Staatsbürgerschaft erschweren sowie Sozialleistungen für Einwanderer kürzen. Eine eiserne Linie bei der Einwanderung und eine nationalkonservative Grundeinstellung, das sind zwei Säulen von Purras Politik, durch die sie die Zustimmung der Wählerschaft der „Finnen“ erhalten und ausgebaut hat. Außerdem befürwortet sie einen Sparkurs im öffentlichen Sektor, außenpolitisch einen Kurs pro Ukraine. Riikka Purras Erfolg zeigt, ebenso wie der Giorgia Melonis in Italien, daß die Rede, rechte Parteien seien nur ein letztes Aufbäumen alter weißer Männer, eine Ausrede jener ist, die diesem Phänomen hilflos gegenüberstehen.