Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der beliebteste „Mitte-Rechts-Politiker“ im Land? Die Antwort liefert allerdings kein Möbelstück, sondern seit Januar das Meinungsforschungsinstitut Insa – exklusiv im Auftrag der JUNGEN FREIHEIT. Nun liegen die aktuellen Ergebnisse aus dem März vor, und die haben es in sich. Vor allem für die Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD, Alice Weidel: Ihr gelingt erstmals der Sprung auf das Siegertreppchen. Betrachtet man nur die Wähler von Union, FDP und AfD, kommt die AfD-Frontfrau auf einer Skala von null bis 100 auf einen Wert von 47 Punkten, drei mehr als noch im Februar.
Damit landet Weidel auf dem dritten Platz hinter Spitzenreiter Markus Söder (CSU) und Friedrich Merz (CDU). Sie zieht mit dem Ergebnis an FDP-Chef Christian Lindner, der omnipräsenten Linkspartei-Rebellin Sahra Wagenknecht und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (mit ruhender Mitgliedschaft bei den Grünen) vorbei.
Insgesamt können zwar alle abgefragten Politiker zulegen, allerdings in unterschiedlichen Dimensionen. Lindner etwa fällt von Platz fünf auf Platz acht und muß sich nun seinem Parteikollegen Wolfgang Kubicki und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geschlagen geben. Weidels dritter Platz ist schon deswegen bemerkenswert, weil ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla sich deutlich schwerer tut. Er kommt auf Rang elf und liegt damit hinter dem Werte-Union-Chef Hans-Georg-Maaßen und nur noch vor Björn Höcke (AfD).
Woher sich Weidels Erfolg speist, wird bei einem Blick auf die Einzelwerte der Parteianhänger deutlich. So erreicht Weidel unter den AfD-Wählern mit 76,6 Punkten klar den ersten Rang vor Wagenknecht. Mit mehr als 20 Punkten Abstand folgt dann Chrupalla. Weidel ist damit auch verglichen mit anderen Parteivorsitzenden klare Stimmenkönigin. Boris Palmer kommt bei „seinen“ Grünen auf nur 52 Punkte, Lindner bei den FDP-Wählern auf knapp 70 Punkte und die Vorsitzenden von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, bei den Unionswählern auf 65 beziehungsweise 69 Punkte.
Chrupalla liegt in der Beliebtheit bei den Unions- und FDP-Wählern knapp vor Weidel, kann den Rückstand innerhalb der AfD-Sympathisanten auf seine Co-Chefin aber nicht wettmachen. Zu beachten ist bei all diesen Werten, daß die Anhänger der Union stärker ins Gewicht fallen, weil CDU und CSU in der klassischen Sonntagsfrage vor AfD und FDP liegen.
Neben der reinen Punkte-Skala erfaßt Insa auch, ob die Wähler den abgefragten Politikern eher positiv, neutral oder negativ gegenüberstehen. Auffällig ist, daß selbst bei den Anhängern von Union, AfD und FDP bei fast allen Politikern die negative Einschätzung überwiegt. Ausnahmen sind hier Söder und Merz. Bemerkenswert sind auch hier die Werte von Weidel. Niemand polarisiert so stark wie die AfD-Chefin. 36 Prozent stehen ihr positiv gegenüber, 39 Prozent negativ. Nur 15 Prozent, der geringste Wert von allen Politikern, haben eine neutrale Haltung.
Wer rechts der Mitte steht, muß nicht unbedingt so wählen
Weidels Sonderstatus unter den Befragten zeigt sich sogar, wenn es nur um die AfD-Wähler geht. Sechs Punkte kann sie hier zulegen, das schafft kein anderer Politiker. Aufwärts geht es mit fünf Punkten mehr für Chrupalla, den ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Maaßen und Björn Höcke. An den Plazierungen ändert sich allerdings nichts. Wagenknecht hält den zweiten Platz vor Chrupalla. Am unbeliebtesten ist Finanzminister Lindner. Jenseits der Parteienpräferenz fragt Insa auch nach der Selbstverortung im politischen Links-Rechts-System. Grundsätzlich sehen sich 34 Prozent der Befragten links der Mitte, die gleiche Zahl ordnet sich direkt in der Mitte ein, und 23 Prozent sagen von sich, sie seien politisch rechts der Mitte beheimatet. Neun Prozent machten dazu keine Angaben.
Dabei gilt: Wer sich rechts der Mitte sieht, muß nicht zwangsläufig auch eine Partei rechts der Mitte favorisieren. Innerhalb dieser Wählergruppe führt Markus Söder knapp vor Weidel. Er kommt auf 53,6 Punkte, sie ist ihm mit 50,8 Prozent dicht auf den Fersen. Auf Platz drei kommt CDU-Chef Merz.
Und Sahra Wagenknecht? Sie kann eigentlich nur bei AfD- und Linkspartei-Wählern punkten. Wobei sie bei den AfD-Anhängern sogar beliebter ist als bei den Linken-Sympathisanten.
Jenseits der reinen Politiker-Beliebtheit sorgt derzeit allerdings eine andere Zahl für Aufsehen unter Parteienforschern und für Jubelstimmung innerhalb der AfD. 58 Prozent der Deutschen können sich laut Insa nicht vorstellen, die AfD zu wählen. Klingt viel, ist aber der niedrigste Wert, der hier bei der Partei jemals gemessen wurde. Vor wenigen Monaten lehnten noch mehr als 70 Prozent auch nur den Gedanken ab, ihr Kreuz bei der AfD zu machen.