Zuerst eine gute Nachricht: In den ersten Monaten dieses Jahres konnte die Polizei im bevölkerungsreichsten Bundesland deutlich mehr Ermittlungserfolge gegen Geldautomaten-Sprenger erzielen. Bis Anfang März seien bereits 17 Verdächtige festgenommen worden, teilte das Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA) der Nachrichtenagentur dpa mit. Im gesamten Vorjahr seien es 23 gewesen.
Wie so oft gibt es auch hier die Kehrseite. 2022 hatte die Zahl der Sprengattacken mit 182 in Nord-rhein-Westfalen einen neuen Rekord erreicht. Ein Schaden von fast elf Millionen Euro wurde dabei angerichtet. Immerhin gab es im ersten Quartal dieses Jahres etwas weniger Fälle als im Vergleichszeitraum von vor zwölf Monaten: 47 gegenüber 53. Der Grund für die – überschaubaren – Erfolge? Polizeipräsenz. Die als besonders gefährdet eingestuften Automaten seien nachts von den Beamten „intensiv bestreift“ worden, hieß es aus dem LKA. Zum Schutz der insgesamt etwa 10.000 Geldautomaten im ganzen Bundesland tauschen sich die Ermittler auch verstärkt mit den Banken aus. Das Phänomen ist nicht neu (JF 35/22). Hinter den Taten steckt laut Sicherheitsbehörden eine Szene von mehr als 1.000 Personen mit zumeist marokkanischer Abstammung, die in den niederländischen Ballungszentren Utrecht, Amsterdam und Rotterdam leben.
In oft lose zusammengewürfelten Teams mit wechselnder Besetzung suchen sie sich besonders grenznahe Orte in Deutschland und solche, die eine gute Anbindung ans Autobahnnetz haben. Mit gemieteten oder gestohlenen hochmotorisierten Autos fahren die Täter zu den Objekten ihrer Begierde, sprengen und räumen die Geldautomaten aus und rasen dann davon. Als besonders besorgniserregend sehen Ermittler die Tatsache, daß die Kriminellen immer häufiger nicht mehr mit einem Gasgemisch an ihre Beute kommen, sondern mittels Sprengstoff. Im vergangenen Jahr wurden 87 Prozent der Automaten auf diese Weise geknackt. Die Schäden, die sie dadurch auch an den Gebäuden anrichten, überschreiten oft die Summe des geraubten Geldes um ein Vielfaches. Vor allem aber werden durch umherfliegende Trümmer oder Schäden an der Statik der Häuser auch Unbeteiligte, etwa Anwohner gefährdet.
Verlockend für die Banden ist, daß es in Deutschland wesentlich mehr Bankautomaten gibt als in Holland. Die Spezialisten vom LKA raten den Banken daher, die Geräte besser zu sichern – mit Vernebelungsanlagen oder Vorrichtungen, die die Geldscheine bei einer Explosion eingefärben und verkleben – und notfalls sogar abzubauen. Denn die Täter seien erfahren und lernten ständig dazu.
Wahrscheinlich dank der verstärkten Polizeipräsenz sowie einer gezielten Überwachung konnte vergangene Woche eine Streifenwagenbesatzung im münsterländischen Kreis Borken eine Automatensprengung verhindern. Den Beamten war in der Nähe einer Bank nachts ein getunter Mercedes aufgefallen. Die Verdächtigen traten sofort die Flucht an. Der Wermutstropfen: Dank der vielen Pferdestärken konnten sie trotz „Verfolgung und Fahndung, in die auch die niederländische Polizei eingebunden war, nicht mehr angetroffen werden“.