© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/23 / 31. März 2023

Umwelt
Superkuh aus dem Genlabor
Paul Leonhard

Die meisten erwachsenen Chinesen vertragen aus genetischen Gründen weder Milch noch Käse. Kinder und etwa 100 Millionen Erwachsene im Reich der Mitte leiden allerdings nicht unter Lactose-Intoleranz. Der wachsende Wohlstand hat den Milchverbrauch daher auf 41 Millionen Tonnen erhöht. Da die inländische Produktion nicht ausreicht, werden jährlich Hunderttausende Kühe aus Australien, Neuseeland, den USA und Europa nach China verschifft – doch viele Tiere vertragen das dortige Klima nicht oder produzieren nicht die im Staatsplan vorgesehene Milchmenge. Nur fünf von 10.000 Kühen gelten als „hochleistungsfähig“. Von diesen wurden daher die besten ausgewählt, um so eine Herde von „Superkühen“ zu schaffen, nicht durch mühselige Zucht, sondern durch moderne Wissenschaft. Forschern der Northwest A&F University in der zentralchinesischen Millionenstadt Xianyang ist es nun gelungen, drei holsteinisch-friesische Superkühe zu klonen.

In Europa liegt die jährliche Milchleistung im Durchschnitt lediglich bei 7.000 bis 8.000 Liter.

Diese sollen jährlich 18.556 Liter Milch geben und somit etwa 100.000 Liter während ihres leider kurzen Lebens. In Euro­pa liegt die jährliche Milchleistung nur bei 7.000 bis 8.000 Liter. Ethische Bedenken gibt es in China nicht – es geht allein um Effektivität. Innerhalb von zwei bis drei Jahren soll eine Herde von über 1.000 Superkühen entstehen, um die Importabhängigkeit zu reduzieren. Ob das gelingt, ist fraglich. Denn einige der blumigen Ankündigungen der Chinesen haben nicht das gehalten, was versprochen wurde. So ist es beispielsweise sehr still um die 2015 geplante Klonfabrik in der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin geworden, in der jährlich mehr als eine Million Rinder geklont werden sollten. Chinas Agrarindustrie ist noch immer zu zwei Dritteln von Rinderimporten abhängig. Und mit Blick auf die Importzahlen von 2022 an Milch, Milchpulver und anderen Milchprodukten darf man annehmen, daß bei der geplanten Produktion von „Klonkühen am Fließband“ irgend etwas schiefgegangen ist.