Wenn „Leipzig liest“ – Titel der die Buchmesse in der mitteldeutschen Messestadt begleitenden Veranstaltungen –, wird diesmal Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel von Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo befragt. Wollte letzterer die Schizophrenie oder aber die Wendehals-Disposition der Gesprächspartnerin herausarbeiten, wäre nichts zielführender als der Griff zu diesem unglaublichen wie – durch die Portraitauswahl und das Layout – äußerst unterhaltsamen Werk des Herausgebers André Lecloux, der in bewundernswerter Weise „bemerkenswerte Zitate bemerkenswerter Persönlichkeiten“ in einem wunderbaren, gewissermaßen bibliophilen Blumenstrauß vereint hat. Die Farbe mancher Zitate wird so wenig verblassen wie das Licht der Aufklärung, das hier aufscheint, manchmal um so heller, wenn sie neben grotesken Beispielen der Torheit stehen wie dem Diktum der grünen Katrin Göring-Eckardt: „Willkommenskultur ist der beste Schutz vor Terroristen.“ Hier kommentiertt Thomas Mann mit seiner politischen Betrachtung: „Man ist in Deutschland allzu bereit, sich offenkundig zum Bösen zu bekennen, solange es so aussieht, als wollte diesem die Geschichte recht geben.“ Insofern haben die Zitate auch das unschätzbare Potential, viele Debatten zu erledigen – belegen sie doch expressis verbis die unlauteren Absichten manch maßgeblich Handelnder in Politik und Medien.
Hellsichtige Analogien zu Lug und Trug in der Corona-Politik
So finden sich ebenso kurzweilige wie erhellende Zitate zu den Bereichen Presse, Politik (mit erheiternden Einlassungen etwa von Ronald Reagan und Klaus Kinski), Patriotismus, Pandemie sowie Faschismus, Diktatur, Sozialismus, Islam, Feminismus und Klimakirche. So wußte schon der antike Philosoph Platon: „Niemand wird mehr gehaßt als derjenige, der die Wahrheit sagt.“ Dies ist um so vertrackter mit Blick auf die von Mark Twain stammende Erkenntnis, die diesen Band eröffnet. Hellsichtig dekretierte er: „Es ist leichter, die Menschen zu täuschen, als sie zu überzeugen, daß sie getäuscht worden sind.“ Dies führt den Leser unwillkürlich weiter zu den jüngsten Erfahrungen der Corona-Politik, so etwa mit der – an Ignazio Silone erinnernden – Prophetie Theodor W. Adornos: „Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“ Das Verhängnis der Ampel-Koalition hingegen ahnte schon Carl von Ossietzky voraus: „Deutschland ist das einzige Land, wo Mangel an politischer Befähigung den Weg zu den höchsten Ehrenämtern sichert.“
Die weithin andauernde Blockade der Medien, endlich Klartext zu sprechen – sei es über die mit den mRNA-Impfungen einhergehenden gesundheitlichen Schäden und exponentiell gestiegenen Todesfälle, die beschwiegenen Auswirkungen des Währungssozialismus Euro, den via „Einzelfall“ salvierten Willkommenswahn seit 2015 oder die euphemistisch als Energiewende bezeichnete Klimakirche – bedarf fraglos des Weckrufs durch den Exegeten der „Orthodoxie“, Gilbert Keith Chesterton: „Schlimmer als die Zensur der Presse ist die Zensur durch die Presse.“ Doch dürfte diese Mahnung unversehens verhallen, schauen wir auf das Fazit, das bereits Rocksänger und Autor André Herzberg in der JF bezeugt hatte, wonach einen erst die Eltern, dann der Staat und schließlich man sich selbst belüge. Oder wie es Fjodor Dostojewski konstatiert: „Die Selbsttäuschung beherrscht der Mensch noch sicherer als die Lüge.“ Dies mag wenig tröstlich klingen – anders als der Blick in diesen Zitateschatz, einer auch in der Ausstattung wunderbaren Fibel der Aufklärung, aus der uns Max Frisch geradezu zwingend Mut zuspricht, denn: „Blinder als blind ist der Ängstliche.“
André Lecloux (Hrsg.): Treffer. Versenkt. Bemerkenswerte Zitate bemerkenswerter Zeitgenossen. Verlag Solibro, Münster 2022, gebunden, 144 Seiten, Abbildungen, 24 Euro