Die Zeiten des Deutschraps, in denen ein Berliner Rapper mit silberner Totenkopfmaske über seinen Block erzählte und die „Neue Deutsche (Rap)Welle“ über das Land hereinbrach, sind längst Geschichte. Beinahe zwei Jahrzehnte später ist von der Aufbruchsstimmung nicht viel übrig. Teile der Rapszene generieren mittlerweile nicht nur Tausende Euro durch billige Scharmützel-Clips untereinander, sondern paktieren zusätzlich mit kriminellen Clangrößen. Schwitzen im Tonstudio war gestern, heute heißt es Reaction statt Rap.
Die Reibereien sind auf Plattformen wie TikTok, Instagram oder Youtube nicht mehr zu übersehen und landen regelmäßig vorne in den Netzwerke-Charts. Ausgetragen werden sie in Live-Telefonkonferenzen, die Zehntausende Klicks und Hunderte Kommentare der jungen Generation sichern. In den wenig geistreichen Gesprächen geht es nicht selten um den „Beef“ untereinander. Mit dabei sind Rapper wie Manuellsen, Sinan-G oder Ali Bumaye, Clan-Größen à la Arafat Abou-Chaker und TikToker namens Barello, Ozan oder Engelsgesicht.
Ansagen, Abrechnen, Stellung nehmen und im Notfall beim Großevent zu den Boxhandschuhen greifen: Die Art der Unterhaltung ist plump. Anschuldigungen wie „Mutter von Bilal beleidigt – Fat Comedy droht Arroganter Pate“ (Raptastisch.net) wirken zwar bereits in Überschriftenform lächerlich, generieren jedoch in der degenerierten multikulturellen Social-Media-Blase große Aufmerksamkeit. Und mit der läßt sich Geld verdienen – nicht nur über Klicks. So kosten etwa die Standardkarten für den anstehenden Boxkampf zwischen den Rappern Manuellsen und Bözemann stolze 77 Euro. Während ersterer früher noch mit Musik und angesehenen Rap-Kritiken überzeugte, spricht er heute lieber im Livestream oder mit seinen Fäusten bei Schaukämpfen. Dennoch oder gerade deswegen können auch für den kommenden Kampf volle Zuschauerreihen erwartet werden. Die Einnahmequelle scheint so lukrativ, daß sogar der ehemalige Bushido-Manager Abou-Chaker ein Fight-Event für dieses Jahr plant – Influencer als neue Einnahmequellen für arabische Großfamilien.
Die infantilen Auseinandersetzungen mögen so zwar zum großen Geld verhelfen, der Deutschrap-Szene aber sicherlich nicht zu veritabler Anerkennung. Am Ende bleibt nur der Blick in die Vergangenheit. Im Block gab es früher schließlich noch kein TikTok.