In Bulgarien sind seit dem 2. Oktober vorigen Jahres drei Versuche gescheitert, eine neue Regierung zu bilden. Deswegen werden die Bürger des Landes für den 2. April zum fünften Mal in zwei Jahren an die Wahlurnen gebeten. Die Parteien sind zerstritten, es scheint unmöglich, eine stabile Mehrheit in der Nationalversammlung zu bilden. Die Konservativen konnten aus den sieben im Parlament vertretenen Parteien keine Mehrheit formen, die Liberalen auch nicht. Zuletzt hat die Sozialistische Partei (BSP) das Handtuch geworfen, mehr läßt die Verfassung nicht zu. Einzige Konstante ist Staatsoberhaupt Rumen Radew, der seit Januar 2017 im Amt ist, im November 2021 wiedergewählt wurde und seitdem seine Macht ausbaut.
Für die EU ist Bulgarien unbequem geworden. Das hat wirtschaftliche und innenpolitische Gründe. Auch nach Kriegsbeginn in der Ukraine sympathisieren viele mit Moskau. Zudem hat das Land den Kohleausstieg gekippt, seit der Strompreis auf mehr als 150 Euro pro Megawattstunde gestiegen ist und die Kohlekraftwerke nun Gewinne erzielen. 2022 verdiente der Staat mit Stromexport rund drei Milliarden Euro.
Das Parlament lehnte Anti-Korruptions-Gesetze ab
Daß Bulgarien beim Europäischen Gerichtshof verklagt wird, weil es die EU-Richtlinie über erneuerbare Energien nicht umgesetzt hat, dürfte dem Verhältnis zu Brüssel weiter schaden. Aktuell bekommt Sofia etwa 40 Prozent seines Stroms aus Kohle und 36 Prozent aus Kernkraft. Der CO2-Ausstoß ist – trotz der Verpflichtung, diesen bis Ende 2025 um 40 Prozent gegenüber 2019 zu senken, leicht gestiegen auf das Vierfache des EU-Durchschnitts.
Auch von der Idee, 2024 den Euro einzuführen, hat sich Bulgarien vorerst entfernt. Das Parlament lehnte auch Gesetze zur Bekämpfung von Korruption ab. Themen, mit denen die liberale Antikorruptionspartei (PP) wie schon im November 2021 gewinnen will. Seinerzeit war die Vierer-Koalition nach einem halben Jahr zerbrochen.
Aktuell kooperiert die vor anderthalb Jahren gegründete PP von Ex-Premier Kiril Petkow mit der Mitte-Rechts Partei Demokratisches Bulgarien (DB) und liegt bei 27,2 Prozent. Die Konservative Partei Bulgariens (GERB) bekäme rund 26,6, die liberale Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS) 13,4, die rechte Partei Wiedergeburt (V) 12,3 und die BSP 7,3 Prozent. Es gibt ein solches Volk (ITN) – immerhin Wahlsieger vom Juli 2021 – würde an der Vier-Prozent-Hürde scheitern. Die nationalistische VMRO-BND will die Wahlen boykottieren.