Alljährlich im Frühling, wenn junge Bäume und Sträucher mit bunten Ostereiern geschmückt werden, beginnt die große Zeit der Sorben. Deutschlandweit wird dann über die Kunst des Ostereieranmalens berichtet und über festlich geschmückte Osterreiter hoch zu Roß in der Lausitz. Zum Jahresreigen des sorbischen Volkes gehört aber auch, daß einige Angehörige einen Frühlingsrappel bekommen und mehr Steuergelder, mehr Mitbestimmungsrechte, mehr Autonomie verlangen.
In diesem Jahr hat das der Serbski Sejm übernommen, also die sorbische Volksvertretung. Die ist vor fünf Jahren aus einer privaten Initiative hervorgegangen und wird nur von sich selbst anerkannt. Auch weil an der Briefwahl lediglich 800 der rund 20.000 Niedersorben (Wenden) in der brandenburgischen Niederlausitz und den 40.000 Obersorben in der sächsischen Oberlausitz teilgenommen haben. Um wahrgenommen zu werden, haben die 24 Mitglieder des Serbski Sejm der Bundesregierung sowie den Ländern Sachsen und Brandenburg jetzt ein Ultimatum gestellt. Sie fordern, als indigenes Volk anerkannt zu werden und eigene Selbstverwaltungskörperschaften bis hin zu einem selbstverwalteten sorbischen Schulwesen zu erhalten. „Wichtiges Ziel ist die Hoheit über die Bildung unserer Kinder“, so der Sejm-Abgeordnete Heiko Kosel, ein früherer Landtagsabgeordneter der sächsischen Linken: „Im Moment haben wir darauf keinen Einfluß.“
Sollte die Bundesregierung nicht bis zum 23. Juni den bereits vom Sejm vorbereiteten Staatsvertrag unterschreiben, werde man sich beschwerdeführend an die International Labour Organization (ILO), an die EU-Kommission und den Europarat wenden, da die von Deutschland ratifizierte UN-Konvention „ILO 169 für indigene Völker“ diese Selbstbestimmungsrechte garantiert.
Allerdings haben die Sorben eine viel wirkmächtigere Interessenvertretung: die seit mehr als hundert Jahren bestehende Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V., ein politisch unabhängiger Dachverband von rund 200 sorbischen Vereinen und Institutionen. Der ist bisher auch für die staatlichen Vertreter der Ansprechpartner, wenn es um sorbische Fragen geht. Mit der starken Domowina liegen die Sejm-Mitglieder aber über Kreuz.
Nun sind die Rechte des sorbischen Volkes in den Verfassungen der Länder besonders geschützt. So wurde im 1999 verabschiedeten Sächsischen Sorbengesetz auch die Wahl eines Rates für sorbische Angelegenheiten (Rada za serbske naležnosće w Swobodnym staće Sakskej) verankert, der in allen Angelegenheiten, die Belange des sorbischen Volkes betreffen, anzuhören ist. Die Verfassung garantiert den Sorben, ein eigenes Wappen und eigene Farben zu führen sowie die Pflege der Sprache, Kultur und Überlieferung.
Da immer weniger Menschen sorbisch sprechen, hat der Freistaat die Kampagne „Sorbisch? Na klar“ ins Leben gerufen. 24 Millionen Euro stellen Bund und Länder alljährlich für die 1991 gegründete Stiftung für das sorbische Volk bereit. Allerdings merkt der Freistaat auf seiner Internetseite auch an: „Gäbe es einen sorbischen Staat, er wäre nicht größer als eine typisch deutsche Kleinstadt.“