© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/23 / 31. März 2023

Humza Yousaf. Mit dem neuen Vorsitzenden der Schottischen Nationalpartei regiert erstmals ein Moslem in Edinburg.
Urdu statt Gälisch
Michael Walker

Mit einem knappen Sieg setzte er sich schließlich durch: Gesundheitsminister Humza Yousaf tritt die Nachfolge Nicola Sturgeons an, die im Februar angekündigt hatte, vom Amt der First Minister (Erste Ministerin) Schottlands sowie vom Vorsitz der Schottischen Nationalpartei SNP zurückzutreten. Yousaf ist Moslem und Sohn pakistanischer Einwanderer. 2011 wurde er ins Edinburger Parlament gewählt und legte seinen Eid auf englisch und urdu, der pakistanischen Amtssprache, ab, nicht aber auf gälisch. 

Der neue Regierungschef gilt als „Kontinuitätskandidat“ und als Sturgeons persönliche Präferenz. Dennoch verlief der Wahlkampf um den Parteivorsitz zäh und ging in eine zweite Runde, bevor Yousaf über seine Hauptkonkurrentin, die Wirtschafts- und Finanzministerin Kate Forbes, siegen konnte. Dabei war er von fast allen Ministern sowie von Sturgeon selbst unterstützt worden. Doch in den Meinungsumfragen lag stets Forbes mit großem Abstand vorn, und Yousaf konnte zwar den Parteitag, nicht aber die Mehrheit der Partei für sich gewinnen.

Yousaf spricht von der Einheit der Partei. Doch wie will die jemand wahren, der keine Mehrheit an der Basis hat?

Im Gegensatz zu seinen Kontrahenten will der Sturgeon-Loyalist die Betonung der woken Politik beibehalten, einschließlich der Regelung, sein Geschlecht vor dem Gesetz selbst bestimmen zu können, und er hat erklärt, man werde künftig mehr Nicht-Weiße in Führungsämtern sehen. Eine Überzeugung, die er dagegen mit seinen Parteirivalen teilt, ist der gemeinsame Nenner der SNP: der Glaube an Schottlands Unabhängigkeit.

Seit 2007 ist diese die schottische Regierungspartei, doch den Glanz des Neuen hat sie verloren, ebenso wie ein Drittel der knapp 104.000 Mitglieder, die sie 2021 noch zählte. Doch die repressiven Covid-Maßnahmen, das Bekenntnis zur woken Weltsicht, die Gesetze gegen „Haßkriminalität“ und das Beharren auf einem zweiten Referendum, das wie ein „weißes Rauschen“ die schottische Politik unterlegt, sowie eine Reihe von Skandalen, die zuletzt vor allem darin bestanden, den Mitgliederschwund zu verschleiern, könnten der konkurrierenden Labour-Partei ermöglichen, einen Großteil der Wähler zurückzugewinnen, die sie in den letzten zwanzig Jahren an die schottischen Nationalisten verloren hat. 

Sturgeon hatte Meinungsverschiedenheiten und Spaltungtendenzen in der SNP durch ihre charismatische Ausstrahlung, ihre Wahlerfolge und das von ihr vermittelte Gefühl, ständig voranzukommen, erfolgreich kaschiert. Gelingt es Yousaf nicht, das gleiche Vermögen an den Tag zu legen, wird der Spaltpilz wahrscheinlich wieder zum Vorschein kommen. 

In seiner Rede versprach er, Kinderarmut und die Folgen der Lebenshaltungskostenkrise zu bekämpfen, den Gesundheitsdienst NHS zu reformieren und besonders Wohlstand und Wohlbefinden für alle – kurz, es ging ums Geldausgeben, nicht ums Geldeinnehmen. Auch will er eine Regierungsmehrheit im Parlament behalten, wofür er weiter mit den Grünen koalieren muß – was Forbes vielleicht nicht getan hätte. Und so spricht Yousaf von der Einheit der Partei, doch fragt man sich, wie jemand diese wahren will, der keine Mehrheit an der Basis hat, geschweige denn in Schottland. Ein Moslem, der sich für die „Homo-Ehe“ einsetzt, ein schottischer Nationalist, der sich dem Globalismus verschrieben hat. Humza Yousaf könnte sich noch als der Egon Krenz der SNP erweisen.