Die multikulturelle Gesellschaft ist hart, schnell, grausam und wenig solidarisch, sie ist von beträchtlichen sozialen Ungleichgewichten geprägt und kennt Wanderungsgewinner ebenso wie Modernisierungsverlierer; sie hat die Tendenz, in eine Vielfalt von Gruppen und Gemeinschaften auseinanderzustreben und ihren Zusammenhalt sowie die Verbindlichkeit ihrer Werte einzubüßen.“
Dieser Satz, hart wie ein Hammerschlag, findet sich im Aufsatz „Wenn der Westen unwiderstehlich wird“, erschienen 1991 in der Zeit. Die Verfasser, die Alt-68er Daniel Cohn-Bendit und Thomas Schmid, waren damals im Dezernat für „Multikulturelle Angelegenheiten“ in Frankfurt am Main tätig. Sie romantisierten den Multikulturalismus nicht, im Gegenteil, nur hielten sie ihn als Folge der Einwanderung für unabwendbar. Zugleich fanden sie es unstatthaft und sinnlos, der Massenmobilität aus armen Ländern Steine in den Weg zu legen.
Eine kluge Politik würde vielmehr die materielle Attraktion, die der Westen ausübt, auf sein Wertegefüge übertragen und auch dieses unwiderstehlich machen. So entstünde trotz kultureller Verschiedenheit eine neue gesellschaftliche Stabilität, die den „ethischen Normen unserer Zivilisation“ und „der republikanischen Tradition der europäischen Moderne verpflichtet“ bliebe.
30 Jahre später ist die Anziehungskraft westlicher Wohlstandszonen ungebrochen; zusätzlich ist die deutsche Saugpumpe im Dauerbetrieb. Die ethnisch-kulturelle Zusammensetzung der Gesellschaft verändert sich unerbittlich. Das neue Regelwerk, das sich etabliert, hat mit zivilisatorischen Verbindlichkeiten und republikanischen Normen jedoch wenig zu tun. Hier wird nichts diskursiv ausgehandelt, sondern es gilt das Recht des Stärkeren. Der messer- und machetenschwingende „Mann“ wird zur Signatur einer neuen Wirklichkeit. Das Totschlagen und Verletzen vieler Einzelner kann nicht mehr als die Abfolge zufälliger Exzesse abgetan werden. Sie werden als molekulare Machtdemonstrationen wahrgenommen, die durch ihre Massierung zur Demoralisierung, Desintegration und Asozialisierung der Gesellschaft führen.
Das hat auch Rückwirkungen auf die staatlichen Institutionen. Die Sehschärfe, mit der Ordnungs-, Sozial- und Finanzämter, die Polizei und Justiz indigenen Deutschen auf die Finger schauen, wird bei einschlägigen Migrationshintergründlern oft bis zur Blindheit herabgedimmt. Selbst überführte Vergewaltiger haben den Gerichtssaal schon in Siegerpose verlassen. Gewiß spielt die Furcht der Amtsträger, die archaische Härte und Grausamkeit des fortschreitenden Multikulturalismus könnte auch sie ereilen, dabei eine Rolle. So werden Polizisten, die gegen Straftäter aus dem Migrantenmilieu vorgehen, häufig in Windeseile von einer aggressiven Meute umringt. Am intensivsten sind die Schäden dort, wo der demographische Hammer der alternden Gesellschaft am härtesten zuschlägt: bei deutschen Schülern, die in vielen Gegenden schon zur Minderheit geworden sind. Aus Kleinfamilien stammend, haben sie gegen die Alterskohorten aus muslimischen Großfamilien keine Chance. Ihr Leiden an den körperlichen und verbalen Attacken spielt sich im Verborgenen ab.
Der Brandbrief, den Lehrer der Berliner Rütli-Schule 2006 veröffentlichten, oder der Artikel „Deutschenfeindlichkeit an Schulen“, den die Zeitung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor 14 Jahren veröffentlichte, sind Ausnahmen und ohne durchgreifende Folgen geblieben. In der GEW-Zeitung war damals zu lesen, daß von deutschen Schülern „vor allem der Aufenthalt auf dem Schulhof zuweilen als ein Spießrutenlaufen mit diversen Beschimpfungen erlebt wird“. Sie würden bedroht, gemobbt, verspottet. Es sei ein „Machtspiel, bei dem die eigentlich privilegierte Gruppe diese Privilegien durch die Mehrheitsverhältnisse verloren hat“. Die Täter seien grundsätzlich feindlich gegenüber Leistungsbereiten und Regelkonformen eingestellt. Im Klartext: Es hat sich dort eine ethnische Hierarchie aufgebaut, in der die „Schweinedeutschen“, „Schweinechristen“, „deutschen Kartoffeln“ unten rangieren und eine soziale und intellektuelle Negativauslese oben steht.
Nichts hat sich seitdem gebessert. Der Begriff „Mobbing“ verfehlt die ethnische und religiöse Qualität, die Quantität und Intensität des Vorgangs. Gerade wurde im schleswig-holsteinischen Heide eine 13jährige Deutsche über Stunden von anderen Mädchen gepeinigt. Die Beteiligung deutscher Kinder und Jugendlicher an derartigen Übergriffen ist die evolutionäre Anpassung an das Mehrheitsrudel.
Die 2010 durch Suizid geendete Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig berichtete im Buch „Das Ende der Geduld“, daß auch Lehrer sich vor aggressiven Schülern aus dem Einwandermilieu fürchten. Die Väter stellen die „Ehre“ der Familie über alles, auch über das Gesetz; sie pochen auf eine deutsche Bringschuld und haben den Rassismus-Vorwurf stets parat – eine Wunderwaffe, die ihnen die autoaggressive Staatspropaganda frei Haus liefert.
Spätestens wenn eine türkischstämmige Aktivistin, die verächtlich von „Kartoffeln“ redet, zur Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung ernannt wird, steht die Frage im Raum, ob die Diskriminierung der Deutschen amtlich gemacht werden soll. Doch statt über die Symbolkraft dieser Personalie echauffiert man sich über die angeblich diskriminierende Wirkung des an sich bereits verharmlosenden Begriffs „kleine Paschas“.
Aktionen wie „Schulen gegen Rassismus“ halten deutsche Schüler in Duldungsstarre und moralischer Schuldknechtschaft. Die einen sind zu identitärer Farbenblindheit verurteilt, die anderen lassen ihr identitäres Selbstverständnis desto greller erstrahlen. Während die Berichterstattung über den Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Einrichtungen forciert wird, mißbraucht der Staat die dünn gesäten deutschen Schülerkohorten für eine realitätsfremde Ideologie. Multikulturalismus bedeutet Archaik inmitten der europäischen Moderne. Um sich darin zu behaupten, reicht die Berufung auf zivilisatorische Normen und republikanische Traditionen nicht aus.