Daß der Volksbegriff unseres Grundgesetzes auch eine ethnische Komponente hat, zeigt sich besonders deutlich im Vertriebenen- und Aussiedlerparagraphen 116, Absatz 1. Bei einer Regierungsbefragung im Bundestag zum Stand der Aussiedlerpolitik mußte sich Innenministerin Nancy Faeser kürzlich dafür rechtfertigen, ausgerechnet mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs einen Kurswechsel hin zu einer besonders restriktiven Aufnahmepraxis für Spätaussiedler aus der Ukraine und Rußland vorgenommen zu haben.
Das Bundesverwaltungsamt in Köln habe seither die Anträge von Zigtausenden Angehörigen der deutschen Minderheit abgelehnt, lautete der Vorwurf aus den Reihen der Opposition. Und das trotz schwerster Zerstörungen in den ukrainischen Kriegsgebieten und Zwangsrekrutierungen der russischen Armee auch unter Rußlanddeutschen. Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz kritisierte zudem völlig zu Recht, daß kein einziges Mitglied der Bundesregierung seit Kriegsbeginn die deutschen Minderheiten vor Ort besucht habe, etwa im Raum Odessa.
Die traurige Realität ist: Noch immer unter Spätfolgen des Zweiten Weltkrieges, der Stalinschen Deportationen und jahrzehntelanger kollektiver Diskriminierung leidende deutsche Aussiedler aus den Gebieten der früheren Sowjetunion müssen, was wegen möglichen Mißbrauchs ja nicht grundsätzlich falsch ist, tatsächlich jedoch nur schwer beschaffbare Nachweise ihrer deutschen Volkszugehörigkeit und Identität erbringen, während unsere Grenzen für Migranten anderer Herkunft sperrangelweit offenstehen. Das muß sich ändern.