© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Frisch gepreßt

Uiguren. Erst jüngst äußerte sich der UN-Ausschuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte besorgt über Chinas Zwangsarbeitsmaßnahmen gegen Tibeter und Hongkonger, Uiguren und andere muslimische ethnische Minderheiten in Xinjiang. Parallel forderte er Peking auf, Gesetze zum Verbot von Zwangsmaßnahmen zu erlassen, Zwangsarbeitssysteme abzuschaffen und alle Betroffenen freizulassen. China erklärte demgegenüber, es werde die Empfehlungen prüfen und umsetzen, soweit sie dessen nationalen Gegebenheiten entsprächen. „In der Region Xinjiang hat mein Büro schwerwiegende Bedenken dokumentiert, insbesondere willkürliche Verhaftungen in großem Umfang und anhaltende Familientrennungen, und hat wichtige Empfehlungen ausgesprochen, die konkrete Folgemaßnahmen erfordern“, erklärte auch der neue UN-Menschenrechtschef Volker Turk vergangene Woche. Selbst US-Außenminister Antony Blinken zeigte sich Anfang März „zutiefst besorgt über den anhaltenden Völkermord und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die China an muslimischen Uiguren und anderen Minderheiten in Xinjiang begehe“. Licht ins Dunkel der „chinesischen Vernichtungskampagne gegen die Uiguren“ bringt der Sinologe und Journalist Mathias Bölinger. Sein interessantes und ergiebiges neues Buch, das auf jahrelange Recherchen im chineisch beherrschten Gebiet der Uiguren hinweist, ist eine „erschütternde Mahnung, im Verhältnis zu China nicht wieder zur Tagesordnung zurückzukehren“, so der Verlag. Eine Mahnung an die Politiker vor allem in Washington, Brüssel, Berlin, Paris und London. (ctw) 

Mathias Bölinger: Der Hightech-Gulag.  Chinas Verbrechen gegen die Uiguren. Verlag C. H. Beck, München 2023, broschiert, 256 Seiten, 18 Euro





Orwells Welt. Wieviel George Orwell steckt in der Gegenwart? Die Frage macht deutlich, daß es schon lange nicht mehr darum geht, „ob“ überhaupt etwas aus seinem legendären Roman „1984“ Wirklichkeit geworden ist. Es geht nur noch um die Dosis. Georg Odergut hat sich die Mühe gemacht, die Voraussagen Orwells aus dem Buch unter die Lupe zu nehmen und mit dem Ist-Zustand vor allem in Deutschland abzugleichen. Freiheitsfreunde, die bereits jetzt sensibel auf die zunehmende Einschränkung von Grundrechten, das schamlose Framing des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Politiker, die einen schon belügen, wenn nur nach Datum und Uhrzeit gefragt wird, reagieren, werden wenig überrascht sein. Klar, daß der Autor zahlreiche frappierende Übereinstimmungen zwischen Orwells Dystopie und der Gegenwart findet: Überwachungsstaat, Neusprech und als Freiheit verkleidete Zensur. Alles bekannt. Das macht das Buch allerdings nicht weniger relevant. Im Gegenteil: Odergut liefert eine Argumentationshilfe für alle, die zwar das richtige Bauchgefühl haben, denen aber die Zeit und Muße fehlt, den Gegenwartsbezügen des libertären Klassikers detailliert nachzugehen. (ho)

Georg Odergut: 1984 – Wir wurden gewarnt. Wieviel von Orwells Roman ist bereits Realität? Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Lüdingshausen 2023, 312 Seiten, broschiert, 26 Euro