© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Frisch gepreßt

Indianer. Wer sich noch immer nicht davon erholen kann, daß Winnetou und Old Shatterhand gecancelt wurden, kann nun mit „Zeiten der Auflehnung. Eine Geschichte des indigenen Widerstands in den USA“ auf ein Buch zurückgreifen, das Karl May vergessen läßt. Auf quellengesättigten 300 Seiten erzählt der Luzerner Historiker Aram Mattioli die Geschichte des indianischen Widerstands in den Vereinigten Staaten des 20. Jahrhunderts. „Er konnte sich in Teilnahmen an verbotenen Zeremonien, Mißachtungen von Anordnungen, Senatsanhörungen, Gerichtsklagen, Paraden und Kriegsdienstverweigerungen ebenso manifestieren wie in Gedichten, Essays, Folk- und Rocksongs, Graffiti, Fish-ins, Blockaden von Straßen und Brücken, Besetzungen von zentralen Erinnerungsorten, Auftritten vor internationalen Organisationen, Unabhängigkeitserklärungen oder dem Pflegen von Gegengedächtnissen“, resümiert der Wissenschaftler sein spannend erzähltes Panorama der US-amerikanischen Geschichte. Die Chronik zieht sich von der Kriegsdienstverweigerung der indigenen Völker zwischen 1941 und 1945, über die Wounded-Knee-Krawalle in den 70ern bis hin zu Erfolgen der Indianerbewegung jüngerer Zeit. Bis auf die sprachkritischen Belehrungen – Wörter wie „Häuptling“, „Stamm“ und „Reservat“ seien laut Mattioli wegen ihres „kolonialen Ursprungs“ zu meiden – bietet „Zeit der Auflehnung“ eine ansprechende Lektüre. (fw) 

Aram Mattioli: Zeiten der Auflehnung. Eine Geschichte des indigenen Widerstands in den USA. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2023, gebunden, 460 Seiten, Abbildungen, 28 Euro





Totaler Krieg. Die gefühlt 1000ste Einordnung der Goebbelsschen Sportpalastrede hat jetzt Peter Longerich vorgelegt. Auf dem Einband ein unscharfes Foto vom Propagandaminister, der gereckte rechte Arm inklusive eines Hakenkreuzes. Mit Nazis läßt sich auch nach 75 Jahren noch Geld machen, ohne ein Verfahren wegen Zeigens verfassungsfeindlicher Kennzeichen zu riskieren. Eine kommode Situation für den Professor für moderne Geschichte in London und Gründer des dortigen Holocaust Research Centre. Also, was ist nun so neu an dem Buch, daß es sich lohnen könnte, Geld dafür auf den Tresen zu legen? Longerich stellt allein auf 70 Seiten die Rede vor und kommentiert sie mit Anmerkungen und Analysen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Longerich im Spiegel einen Artikel über die Goebbels-Rede und ihre Einordnung. Für Goebbels sei es um eine interne Machtprobe gegangen. Jedoch war, so Longerich, „sein Versuch, durch eine Radikalisierung des Regimes selbst die innenpolitische Führung zu übernehmen“, vorerst gescheitert. Nun, so liest es sich schon in seiner 2010 erschienenen Goebbels-Biographie, deren 13 Jahre alten Aufguß er nun erneut präsentiert. (mec)

Peter Longerich: Die Sportpalastrede 1943. Goebbels und der „totale Krieg“. Siedler Verlag, München 2023, gebunden, 206 Seiten, 24 Euro