Vor dem Weltuntergang, so pflegte der erste Bundespräsident Theodor Heuss, ein Schwabe, zu unken, sollte man sich nach Schleswig-Holstein zurückziehen, dort käme alles fünfzig Jahre später. Zumindest das 2017 gestartete und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 270.000 Euro geförderte Projekt „Schleswig-Holstein zwischen Kolonialismus und Weltoffenheit“ läßt zweifeln, ob die Empfehlung heute noch gilt. Denn mit dem Vorhaben, „Kulturgut kolonialer Herkunft“ zu erforschen, erwies man im „echten Norden“ so schnell wie in der übrigen Republik dem Modethema „Kolonialismus und koloniale Schuld“ Reverenz. 15.500 ethnologische Objekte und 1.000 Fotografien aus den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten, die in 19 Museen zwischen Nordfriesland und dem Herzogtum Lauenburg weitgehend unbeachtet in Magazinen lagerten, sollen von der Ethnologin Claudia Kalka (Universität zu Lübeck) und der Museumspädagogin Tanja Brümmer (Husum) „flächendeckend digitalisiert“ und ausgewertet werden. Ein Teil der auf Rückgaben an die Herkunftsländer ausgerichteten Provenienzforschung soll im September in einer Ausstellung im Husumer Nordfriesland-Museum präsentiert werden, um Impulse für eine „koloniale Landesgeschichte“ und eine nötige Lehrerbildung zu geben.