© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Die Smiths und die weltweite Intelligenzija
Bekanntheit durch die Causa Reichelt: Zwei US-Amerikaner betreiben das Online-Magazin „Semafor“
Boris T. Kaiser

Mit großen Worten hatte Justin Smith im Januar 2022 auf Twitter ein Medien-Start-up angekündigt. Der bisherige Vorstandschef von Bloomberg Media sprach von einem „globalen Nachrichtenmedien-Unternehmen“, mit dem er sich nicht nur einen „persönlichen Traum“ erfülle, sondern auch eine „Marktgelegenheit“ nutzen wolle, indem er ein „globales Publikum“ mit „unparteiischem Journalismus“ versorge. 

Vor allem diese Betonung ließ aufhorchen. Auch weil der Manager mit seinem Namensvetter Ben Smith einen Reporter der New York Times als Partner an seiner Seite hat, der die Frage aufwirft, ob sein bisheriger Arbeitgeber denn nicht unparteiisch sei. Der Journalist Ben Smith erlangte in seinen zwei Jahren bei der wohl weltweit berühmtesten US-Zeitung internationale Bekanntheit, unter anderem mit einer Kolumne über den damaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, die letztendlich zu dessen Sturz führte.

Das neue Projekt der beiden Smiths, das inzwischen unter dem Namen „Semafor“ gestartet ist, mutet ambitioniert und ein wenig elitär an. Zielgruppe sind „200 Millionen Menschen mit akademischer Bildung, die englischsprachige Texte lesen“, so Ben Smith, der das neue Medium – eine linksliberale Schlagseite scheint vorprogrammiert – auch in Artikeln für seinen Noch-Arbeitgeber, die New York Times, bewarb. Zu dessen vermeintlichem Unabhängigkeitsdefizit äußert er sich ungern. „Ich würde es so sagen, daß ich glaube, es gibt ein großes Publikum, das mit Respekt behandelt werden möchte“, sagte Smith ausweichend, aber vielsagend in einem Interview mit dem New Yorker.

Die Semafor-Website läßt erahnen, was er damit meint. Um die internationale Intelligenzija zu erreichen, setzt man auf ein im Zeitalter des Onlinejournalismus fast schon etwas altbacken wirkendes traditionell journalistisches Erscheinungsbild. Die blaßgelbe Startseite erschlägt einen fast mit ihrer Artikelvielfalt. Von Analysen zum bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlkampf bis zu Reportagen über die Wirtschaftsentwicklung Afrikas ist alles dabei, wofür sich das globale Bildungsbürgertum interessieren könnte. 

Ein besonderes Augenmerk legen die amerikanischen Macher dabei auf China, wohl auch weil sie für sich selbst dort großes Potential sehen. Eine eigene Wirtschaftsplattform zum „Wiederaufbau des Vertrauens“ zwischen den beiden Ländern, wurde von „Semafor“ bereits angekündigt. Das hat fast einen Hauch von Weltfrieden.