Seit Monaten wird um eine Reform von ARD und ZDF gezankt. Ein „Zukunftsrat“ im Auftrag der Bundesländer soll die Eckpunkte für mögliche Veränderungen abstecken. Seit Anfang März stehen nun die acht Mitglieder fest, auf die sich die Rundfunkkommission der Länder nach längerem Hin und Her zwischen dem SPD- und Unions-Lager geeinigt hat. Doch der Streit geht weiter.
Dem Beratergremium gehören die ehemalige Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel, die Journalistikprofessorin Annika Sehl, der Ex-Verfassungsrichter Peter M. Huber sowie der Schweizer Publizist und frühere Chef der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) Roger de Weck an. Weitere Mitglieder sind der Medienrechtler Mark D. Cole, die Urheberrechtsexpertin Nadine Klass, die Präsidentin der Hochschule für Film und Fernsehen München Bettina Reitz sowie die Journalistin und ehemalige Chefin des Zeit-Magazins Maria Exner. Der von CDU und CSU ins Spiel gebrachte ehemalige Bundesbanker Johannes Beermann wurde von den SPD-geführten Ländern abgelehnt.
Beim inhaltlichen Fokus des Zukunftsrates gehe es „im wesentlichen um drei Themenfelder“, faßt die Koordinatorin der Rundfunkkommission, Heike Raab (SPD), zusammen: „Digitale Transformation gestalten und Qualität stärken, Strukturen und Zusammenarbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks optimieren und Beitragsstabilität sichern sowie Good Governance weiter stärken“.
Dabei soll der Rat „immer auch die konkrete Umsetzung seiner Vorschläge in der Praxis mitdenken“, ergänzt der Chef der Staatskanzlei von Sachsen, Oliver Schenk (CDU). Weitere zentrale Punkte seien „die zeitgemäße Ausgestaltung und Verbreitung des Angebots, die Sicherung und Stärkung inhaltlicher Ausgewogenheit, aber auch Fragen der Abbildung regionaler Vielfalt“ sowie „die Frage einer gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Plattform und die Steigerung der Kosteneffizienz des Gesamtsystems“.
Redakteure wollen mehr Mitsprache
Hört sich erst einmal vernünftig an, allerdings nimmt die Kritik an dem „Arbeitsgrüppchen“ (FAZ) zu, bevor dieses überhaupt seine Arbeit richtig aufnehmen konnte. Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse Agra nimmt in einem offenen Brief „mit großem Unverständnis“ zur Kenntnis, daß in dem Gremium neben „Jurist*innen, Wissenschaftler*innen und auch Lobbygruppenvertretungen niemand aus dem Maschinenraum der Anstalten“ sitzt, obwohl die „Programmmacher“ in einem Brief Ende Februar eine Beteiligung erbeten hatten. „Der Besetzungsvorgang“ erinnere „an die längst für überwunden gehaltene Zeit, in der Gremien vor allem auch nach parteipolitischen Gesichtspunkten besetzt wurden“. Die Agra fordert daher, „daß die Redaktionsvertretungen in den Aufsichtsgremien der Anstalten Sitz und Stimme erhalten, um die Sichtweise der Programmmacherinnen und -macher stärker einzubringen“.
Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) spricht wie die Agra von einer „verpaßten Chance“ und bemängelt fehlende „Medienkompetenz“, da „kein einziger Praktiker aus den öffentlich-rechtlichen Redaktionen mit am Tisch sitzt“. Auf dem Blog des DJV heißt es dazu: „Worüber, bitte schön, wollen sich die Herrschaften eigentlich austauschen? Mit welchem Ziel? Am Ende könnte der bedeutungsschwere Satz stehen: Gut, daß wir mal drüber geredet haben.“ In der Tat erscheinen Einschnitte über die Köpfe der Redakteure hinweg für den Betriebsfrieden wenig förderlich. Gleichzeitig sollte klar sein, daß Radikalkuren von den Betroffenen kaum selbst mitgetragen und verabschiedet werden. Der große Wurf wird so kaum gelingen – es köchelt vor sich hin.
Konkrete Forderungen prasseln jedoch bereits auf die Verantwortlichen ein. So drängte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff (CDU) vergangene Woche in der Evangelischen Akademie Tutzing auf weniger Macht für die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender. Zudem gehörten nicht nur die Spitzengehälter auf den Prüfstand, sondern die gesamte Gehaltsstruktur der Rundfunkanstalten.
Gleichzeitig einigte sich die Ministierpräsidentenkonferenz auf einheitliche „Compliance“-Regeln um nach den RBB-Skandalen „Vertrauen zurückzugewinnen“. Die neuen Standards, die parallel zum momentan durch die Länderparlamente gehenden Dritten Medienänderungsstaatsvertrag auf den Weg gebracht wurden, sollen die Bezüge transparenter machen und Vetternwirtschaft verhindern.
Weiterer Zoff ist also vorprogrammiert. Bis zum Herbst soll der Zukunftsrat nun Vorschläge erarbeiten, wie die Öffentlich-Rechtlichen künftig aufgestellt werden sollen.