Linksliberalen Journalismus gibt es in der hiesigen Medienlandschaft eigentlich schon mehr als genug. Der Markt ist so übersättigt, daß selbst einstige große Spieler wie der deutsche Ableger der Huffington Post oder die Printausgabe des jetzt-Magazins der Süddeutschen Zeitung in den vergangenen Jahren eingestellt werden mußten. Trotzdem gibt es immer wieder neue Projekte, die versuchen, innerhalb der weitgehenden inhaltlichen Eintönigkeit ein paar frische Farbtupfer zu setzen.
Ein Magazin, das in dieser Weise punkten will, ist zeitjung.de. Der Name verrät schon große Teile des Programms der neuen Netzpublikation Zeitjung will vor allem eins sein: jung. Das zeigt sich bereits in der Aufmachung, die stark an etablierte Konkurrenten wie Vice oder BuzzFeed erinnert. Es gibt große Schlagzeilen und noch größere Bilder. So große, daß die Macher ihre Seite ebensogut „Bildzeitjung“ hätten nennen können. Aber so viel Nähe zum Springer-Vorreiter war den linksliberalen Redaktionsköpfen aus juristischer und ideologischer Sicht dann vielleicht doch etwas zuviel des Guten.
Inhaltlich setzt die Redaktion auf Boulevard-Themen, allerdings mit angezogener Handbremse.
Inhaltlich setzen die Redakteure dennoch auf klassische Boulevard-Themen. Ein wenig hat man allerdings den Eindruck, daß sich die Macher selbst dafür schämen oder sich eigentlich zu Höherem berufen fühlen. Wo Vice und Co. in die Vollen gehen, wirken die Zeitjung-Artikel wie der Versuch, rasanten Journalismus mit angezogener Handbremse zu betreiben. Statt Reportagen über exzessiven Partydrogen-Konsum und explizite Sexgeständnisse gibt es fast schon etwas verschämt daherkommende Texte darüber, wie man „neuen Schwung“ in die Beziehung bringt, oder über „nachhaltige Periodenprodukte.
So gesehen ist Zeitjung dann doch ein publizistisches Spiegelbild der Evolution des Linksliberalismus, der sich längst von seiner „Sex and Drugs and Rock and Roll“ -Vergangenheit losgelöst hat und vor allem brav und politisch korrekt sein will. Einen Großteil ihrer Zeit scheinen die Autoren nicht in der Disco zu verbringen, sondern auf Netflix: Gefühlt jeder dritte der natürlich gegenderten Beiträge beschäftigt sich mit den Serien und Filmen des US-Streamingdienstes. Auch für die Linke gilt inzwischen wohl: zu Hause ist es immer noch am schönsten.