© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Ökonomen haben das Rechnen verlernt und die Wissenschaft verraten
Der Berliner Klima-Hammer
Reiner Osbild

Als ob CO2-Preis, Inflation, Grundsteuerreform, Wärmepumpen- und EU-Sanierungszwang nicht schon Schock genug wären: Jetzt kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW aktuell 87/23) mit einer neuen Idee um die Ecke. Mit einer Steigerung der jährlichen Sanierungsrate von einem auf vier Prozent des Gebäudebestandes seien die energetischen Maßnahmen in 25 Jahren abgeschlossen. Keine Erwähnung findet, daß die deutsche Gebäudewirtschaft mit 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten nur 0,23 Prozent zu den Weltemissionen beiträgt. Was aber müßte für deren „Beseitigung“ aufgewendet werden? Würden jährlich vier Prozent der 43 Millionen Wohneinheiten saniert, entstünde bei Durchschnittskosten von 40.000 Euro ein Aufwand von 69 Milliarden Euro pro Jahr; zusammen wären es 1,7 Billionen Euro. Auch der subventionierte Teil dieser Ausgaben muß vom Steuerzahler finanziert werden – oder über weitere Schulden kommenden Generationen aufgehalst werden.

Aufwand und Ertrag stehen in keinem vernünftigen Verhältnis. Eine CO2-Reduktion in dieser mikroskopischen Dimension wäre global kaum fühl- und meßbar, zumal andere Einflußfaktoren diese Einsparung locker konterkarieren. Das Weltklima ist ein öffentliches Gut. China, die USA und Indien sind zusammen für über die Hälfte der Emissionen verantwortlich – und wenn die nicht mitziehen, könnte ganz Deutschland sich versenken: der Erdatmosphäre wäre es egal. Wird die vermehrte Produktion und der Transport von Baumaterialien auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen? Brauchen wir planwirtschaftliche Vorgaben, wenn doch der gestiegene Gaspreis allein schon das marktwirtschaftliche Signal liefert, Sanierungen in Angriff zu nehmen – aber dort, wo sie sich lohnen. Und ob sich angesichts steigender Insolvenzen, ausufernder Abgaben und Auflagen, fehlender Firmennachfolger und geburtenschwacher Jahrgänge genügend Fachpersonal herbeisubventionieren läßt, ist fraglich.

Die DIW-Klimaschutzmaßnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn die 1,7 Billionen Euro nicht anderweitig besser verwendet werden könnten, wenn man also die Opportunitätskosten in Betracht zöge. Wären eine bessere Gesundheits- und Infrastruktur in ärmeren Ländern, höhere Deiche, Investitionen in die Landwirtschaft nicht die bessere Verwendung? Die Berliner DIW-Ökonomen messen den Erfolg an der Erfüllung des 25-Jahres-Plans – dafür hätten wir eine gigantische Wohlstandsvernichtung hierzulande, das Scheitern von zigtausend Lebensplänen, die Zerstörung der Altersvorsorge vieler Menschen und Notverkäufe an allen Ecken und Enden: eine klima-sozialistische Enteignung.

Daß das DIW diese massiven finanz- und ordnungspolitischen Dimensionen nicht benennt, daß es die Aushöhlung des Privateigentums für das Erreichen von „Klimazielen“ übersieht, daß es planwirtschaftlichen Zielvorgaben unkritisch das Wort redet, das zeigt nur eins: Sie sind Handlanger ihrer Geldgeber – des Bundes und des Landes Berlin. Beide wollen die Bürger durch Klimaschutzgesetze aus ihren Wohnungen und Häusern drängen – wenn sie nicht zahlen können. Dabei leistet das DIW der Wissenschaft einen Bärendienst. Statt sich mit der Frage „Wer soll das bezahlen?“ zu befassen, handelt man getreu dem Motto: „Wes Brot ich eß, des Lied ich sing“.






Prof. Dr. Reiner Osbild ist Ökonom und Ordinarius an der Hochschule Emden/Leer.