© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Ländersache: Schleswig-Holstein
Sie woll’n zurück nach Westerland
Peter Freitag

Einheimische zuerst, nichts mehr für Fremde! Etwas zugespitzt lautet so in etwa der Beschluß, den die gewählten Vertreter der Gemeinde Sylt vergangene Woche einstimmig gefaßt haben. Wobei es keineswegs etwa um eine migrationspolitische Wende um 180 Grad geht, sondern um das Verbot, Ferienwohnungen zu bauen. Schon seit Jahren bestehe auf Deutschlands nördlichster Insel ein Mißverhältnis zwischen Urlaubs- und Dauerwohnen, erläuterte Sylts Bürgermeister Nikolas Häckel (parteilos) im NDR. 

Mit der Entscheidung will der Kommunalpolitiker das Gleichgewicht wieder herstellen: „Dauerwohnen ist deswegen so wichtig, weil wir Menschen hier vor Ort brauchen – für die Feuerwehr, Pflege, im Schichtdienst.“ Das neue Beherbergungskonzept soll die Gesamtzahl der Gästebetten auf den Ist-Zustand begrenzen. Dabei hat das Time-Magazin die Nordseeinsel gerade erst zu einem der 50 schönsten Orte der Welt gewählt – als einziges Reiseziel in Deutschland. Außer dem Wattenmeer, schönen Fahrradwegen haben besonders die kilometerlangen Strände, aber auch die edlen Hotels auf Sylt die amerikanischen Journalisten überzeugt. 

Dennoch – oder deswegen – hat sich in den vergangenen Jahren ein beängstigender Trend fortgesetzt: Immer mehr Insulaner und Leute, die dort arbeiten, können sich das Wohnen auf Sylt nicht mehr leisten und ziehen aufs Festland. In der Folge hat der Verkehr der Berufspendler über den Hindenburgdamm stetig zu- und das Vereinsleben in den Orten abgenommen. Gutachter hatten den Trend kürzlich bestätigt, wonach die Menge der Wohnungen, die in der Gemeinde Sylt durch Ferienwohnungen und auch Nebenwohnsitze dem Markt entzogen werde, so hoch wie sonst nirgends sei. 7.500 Ferienunterkünfte stünden 11.000 Dauerwohnungen gegenüber. Das reiche nicht, um eine Infrastruktur aufrechtzuerhalten, ist einer der Gutachter überzeugt.

Nun müssen nach dem beschlossenen Ferienwohnungsverbot etwa 120 Bebauungspläne in der Gemeinde mit den Ortschaften Westerland, Rantum, Archsum, Keitum, Morsum, Munkmarsch und Tinnum angepaßt werden. Bis die Auswirkungen spürbar sind, wird also noch eine ganze Zeit ins Land gehen. In anderen Orten wie dem insbesondere bei Prominenten beliebten Kampen oder List im Norden der Insel gilt das Verbot – noch – nicht. Doch viele Bewohner hoffen, daß man dort bald ähnliche Beschlüsse fast. „Das ist ein tolles Signal an die Sylter, aber auch für einen verträglichen Tourismus“, freute sich Häckel über den Erfolg des Antrags.

Das Vorgehen seiner Gemeinde könnte unterdessen Vorbild auch für andere Inseln und Tourismusregionen in Schleswig-Holstein sein. Denn den Trend zur Nutzung von Immobilien als reine Feriendomizile sei auf allen Inseln zu beobachten, deswegen werde man das „spätestens in der zweiten Jahreshälfte verstärkt angehen“, kündigte der Bürgermeister von Wyk auf Föhr, Hans-Ulrich Hess (CDU), an. Und auf dem Festland, etwa in St. Peter-Ording, hat man geplante Neubaugebiete strikt für Einheimische vorgesehen.