Am vergangenen Freitag hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen. Begründet wurde die Maßnahme nicht etwa mit dem Angriff auf die Ukraine, sondern mit der „unrechtmäßigen Deportation“ von Kindern aus den eroberten Gebieten. Daß die Kinder „verschleppt“ wurden, wie es im deutschen Fernsehen heißt, läßt sich nicht so leicht belegen. Rußland argumentiert, die Kinder seien aus Waisenhäusern oder mit Zustimmung der Eltern vor den Kampfhandlungen in Sicherheit gebracht worden.
Eine andere Frage betrifft die Legitimität des 1998 gegründeten Strafgerichtshofes. Bis zuletzt hatte er ausschließlich gegen Afrikaner ermittelt oder Strafverfahren eingeleitet. Die USA, die das Gericht nicht anerkennen, verhängten 2019 sogar Einreiseverbote gegen Richter und Staatsanwälte aus Den Haag. Weite Teile der sogenannten Dritten Welt, die auch die Sanktionen gegen Rußland nicht mittragen, werden von dem Haftbefehl nicht übermäßig beeindruckt sein. Es fällt auf, daß der Gerichtspräsident Pole ist und der Chefankläger Brite.
Unterdessen beschwört auch Chinas Staatschef Xi Jinping bei seinem Besuch in Moskau lieber die sich zuspitzende „Multipolarität in der Welt“. Konkrete Konsequenzen wird der Entscheid aus Den Haag nicht haben. Er erschwert aber Friedensverhandlungen mit Rußland. Er ist politisch kontraproduktiv. Deutsche Medien und Politiker wären gut beraten, ihre Rußlandfeindlichkeit zu mäßigen und immer eine Tür offen zu lassen.