© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

Macron peitscht Rentenreform durch
Abgeordnete erpreßt
Friedrich-Thorsten Müller

Was soll ein Präsident tun, wenn er von der Notwendigkeit einer Sache überzeugt ist, aber zwei Drittel der Bevölkerung dagegen sind und die parlamentarische Mehrheit darum schwindet? In Frankreich gibt es in der Fünften Republik – seit 1958 – dafür den Verfassungsartikel 49.3, der das Parlament vor die Wahl stellt, einen Regierungsvorschlag ohne Abstimmung zu akzeptieren oder faktisch per Mißtrauensvotum Neuwahlen auszulösen. Im Grunde ist das nichts anderes als die Erpressung derer Abgeordneten, die fürchten müssen nicht wiedergewählt zu werden.

Am Montag ist dieses Regierungskalkül bezogen auf die eigentlich unverzichtbare Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre – wieder einmal – aufgegangen. Doch wird es das tief gespaltene Land auch befrieden? Jede Reform hat Gewinner und Verlierer, aber die Anhebung der Lebensarbeitszeit ist wohl der einzige Weg, die Wohlstandsverluste des demographischen Niedergangs, sowie der Corona- und Rußlandboykott-Politik, etwas abzufedern. 

Jede denkbare Alternative würde auch Arbeit in einem Sozialstaat noch unattraktiver machen. Darum ist es bedauerlich, daß die Opposition von Rechts und Links die Altersanhebung per se abgelehnt hat, statt über deren Ausgestaltung zu verhandeln. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Nachwelt Emmanuel Macron einmal gnädiger sein wird als seine Zeitgenossen.