Katholisch und homosexuell. Die katholische Kirche ist in den vergangenen Jahren zu einer kunterbunten Spielwiese für jedwede persönliche Lebensphilosophie erwachsen. Mitgetragen wird die Entwicklung von zeitgeistbeflissenen Jugendlichen bis hin zu christlichen Würdenträgern. So hielt Kardinal Reinhard Marx vor rund einem Jahr einen „Queer-Gottesdienst“ ab. Ein weiterer Meilenstein zeichnete sich Anfang 2022 ab, als 125 „queere“ Mitarbeiter der katholischen Kirche Akzeptanz und eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts forderten. Eine von ihnen ist Marie Kortenbusch. Die 62jährige ehemalige Religionslehrerin ist mit einer Frau verheiratet, die sich genau wie sie kirchlich engagiert und damals in diesem Umfeld beschäftigt war. Kortenbusch beschreibt ihre Identität als „Zerreißprobe“ und scheint die christliche Lehre nun ganz speziell für sich zu interpretieren. Statt von „Gott“ schreibt sie in ihrer Autobiographie immer wieder von „Gott*“, weil dieser nicht auf ein Geschlecht begrenzbar sei. Auch den Gender-Doppelpunkt verwendet sie beflissen. „Befreiung und Ermutigung“ sind ihr Mantra. Glaube ist heute eben auch ein Stück weit Lifestyle, davon kann sich auch ihr Buch trotz Momenten der ernsten Auseinandersetzung nicht befreien. (zit)
Marie Kortenbusch: Wie Gott mich schuf. Katholisch–queer–#outInChurch. Patmos Verlag, Ostfildern 2023, 128 Seiten, gebunden, 16 Euro
Rock statt Hose. Sie hat Herz, Verstand und Charme: Fotomodell Olga Tschepp ist gewissermaßen eine „Superfrau“. Neben einem talentierten Fotomodell schlummert in der 67jährigen auch ein Widerspruchsgeist gegen den Mainstream. Kein Wunder. Ihr Leben ist gekennzeichnet von Zeiten der Extreme und des Umbruchs. Mußte sie als junges Mädchen noch im kommunistisch-militanten Jugendlager mit der Kalaschnikow ihre Wehrtüchtigkeit unter Beweis stellen, ist sie heute Ehefrau, Mutter und Hausfrau. Die Waffe hat sie mittlerweile gegen den Rosenkranz eingetauscht. Tschepp zeigt: Ein traditionelles Leben und vermeintlich längst überholte Tugenden sind alles andere als verstaubt. Bei ihr trifft geballte Frauenpower auf Ästhetik. Auf Instagram läßt sie ihre mehr als 22.000 Follower an ihrem Leben teilhaben. Neben Bildern von Fotoshootings des „Greyhair Models“ tummeln sich dort auch private und freigeistige Aufnahmen mitten aus dem Leben. In ihrem Buch gewährt die gebürtige Tschechin, die heute im Unterallgäu ihre Wahlheimat gefunden hat, einen noch tieferen Einblick und nimmt die Leser mit auf die spannende Reise ihres Lebens, die noch lange nicht zu Ende ist. (zit)
Olga Tschepp: Die Hosenverweigerin. Von der Kalaschnikow zum Rosenkranz – Biographische Skizzen wider der Zeitgeist. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2022, 331 Seiten, broschiert, 22,80 Euro