© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/23 / 17. März 2023

Friedrich der Große: Der Atheist auf Preußens Thron
Tolerant aus Gleichgültigkeit
(wm)

Was die vielgepriesene religiöse Toleranz im Staat Friedrichs des Großen angehe, so sei sie zumindest in der Form, wie sie der König selbst begriff, von „arroganter Gleichgültigkeit“ nicht zu unterscheiden gewesen, so der pensionierte Gymnasiallehrer Ludwig Coenen (Universitas, 11/2022). Schon von zeitgenössischen Theologen sei der „Philosoph von Sanssouci“ (Eduard Spranger) als „Atheist auf dem Thron“ attackiert worden, wenn auch lieber anonym. Wie Coenen in seinem geistesgeschichtlichen Panorama der preußischen Aufklärung rekonstruiert, ist dafür weniger der Umgang mit prominenten französischen Atheisten wie La Mettrie und Thiry d’Holbach oder Deisten wie Voltaire maßgebend gewesen, die er an seine Tafel zog, als die frühe Prägung durch die materialistische Naturphilosophie antiker Denker wie Demokrit und Epikur. Die damit vermittelte Ansicht, der zufolge religiös-metaphysische Weltbilder nichts als „Hirngespinste“ seien, habe der König aber für sich behalten, weil er den christlichen Glauben seiner Untertanen zur Sicherung seiner innenpolitischen Macht zu instrumentalisieren wußte. In der „esoterischen“ Korrespondenz vor allem mit Voltaire habe er jedoch seiner „gehässigen Verachtung“ der christlichen Kirchen, insbesondere der römisch-katholischen, freien Lauf gelassen. 


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