Im puritanischen England unter Cromwell mußten die Theater schließen, Musikausübung zum Broterwerb wurde verboten. Zensur macht erfinderisch, also fanden sich Musiker verschiedener Schichten, arbeitslos oder angestellt, in den Pubs zusammen, beispielsweise zum Musizieren. Im Zeitalter der Restauration unter Charles II. florierten die Kneipen weiterhin als Dreh- und Angelpunkt der Musikszene. Hinterzimmer wurden zu Musiklokalen oder zu kleinen Theatern und Teleskoptribünen ausgebaut. Was dort stattfand, war eine Mischung aus Musik, Oper und Gaukelei, Maskenspiel und Pantomime, eng verwandt dem „Stage Jig“, einer Art Kurzkomödie des elisabethanischen Theaters, die sich wiederum aus Liedern, Tänzen, Bühnenkämpfen, Jonglerie, Clownerie und Travestie zusammensetzen konnte.
Mit ihren „Playhouse Sessions“ gehen Barokksolistene und ihr Konzertmeister Bjarte Eike konsequent den Weg weiter, den sie mit ihren „Alehouse Sessions“ (JF 30/17) eingeschlagen haben. Die Musiker der norwegischen Wundertruppe spielen, singen, tanzen nicht einfach nur, sondern vagabundieren durch streng geschiedene Musiksphären, führen auf und vor, improvisieren, interagieren mit dem Publikum und trinken auch noch dabei. Sie unterminieren Konzertkonventionen und gängige Vorstellungen von historisch informierter Aufführungspraxis. Wie mögen die wohl damals alle gesungen haben, die Singen nicht studiert hatten, ebenso wenig wie Tanzen und Spielen, und die doch getanzt und gespielt haben? Egal: „Feiern wir wie 1699.“
Bartje Eike & Barokk-solistene The Playhouse Sessions Rubicon 2022