© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/23 / 17. März 2023

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Werben in eigener Sache
Paul Rosen

Klappern gehört zum Handwerk, weiß der Volksmund schon lange. Auch bei der Bundesregierung hat Werbung für die eigene Politik einen sehr hohen Stellenwert. Nach einer Untersuchung des Bundes der Steuerzahler lagen die Ausgaben der Bundesministerien für Werbe- und Kommunikationsagenturen 2017 noch bei 42,4 Millionen Euro. Bis Ende 2021 sollen diese Ausgaben auf 67,2 Millionen Euro gestiegen sein. Dabei dürfte es sich nur um die Spitze des Eisbergs handeln, denn eigene Kosten der Ministerien zum Beispiel für Planstellen in den Ministerien oder die 530 Stellen im Bundespresseamt sind in dieser Zahl noch nicht einmal enthalten.

Und in diesem Jahr sollen die Ausgaben für Öffentlichkeit noch weiter wachsen. Das Arbeitsministerium will elf Millionen Euro für Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit ausgeben. Dazu gehören neben Publikationen Ausgaben für ein Bürgertelefon, Online-Auftritte, Social-Media-Kanäle und Veranstaltungen. Selbst Filme werden gedreht. Wenn Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) irgendwo einen Betrieb besichtigt und dort die Vorteile des Mindestlohns lobt, darf man sicher sein, daß ein dort gedrehtes Video seinen Weg ins Internet findet – alles auf Kosten der Steuerzahler.

Wenn auf dem besonders bei jungen Menschen beliebten Internetkanal TikTok ein sogenannter Influencer etwas über Finanzpolitik oder die Gefahren der Geldwäschekriminalität erzählt, kann man davon ausgehen, daß der Influencer Geld aus dem Staatshaushalt erhält. In diesem Fall von Finanzminister Christian Lindner (FDP), dessen Haus für TikTok 12.000 Euro ausgegeben haben will. So finden sich Videos von Lindner, in denen er für den Abbau der kalten Progression bei der Einkommensteuer wirbt. Es sind also stets die Lieblingsprojekte der jeweiligen Politiker, und die vom Bundesverfassungsgericht gezogenen Grenzen zwischen notwendiger Information der Bürger und verbotener Wahlwerbung verschwimmen hier sehr leicht.

Einen besonders krassen Fall gab es bei Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die auch Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl ist. Sie läßt den bisher vom Bundesinnenministerium betriebenen Twitter-Account jetzt von ihrer Partei betreiben (JF 8/23). Seitdem vermischen sich auf dem Kanal Informationen über Regierungs- und SPD-Politik. Mehrere Juristen äußerten die Auffassung, Faeser habe damit kurz vor Beginn der heißen Phase des Wahlkampfs die vom Verfassungsgericht gesetzten Grenzen überschritten.

Ein anderer in der Öffentlichkeit kaum beachteter Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sind die Auftragnehmer, die die Beiträge produzieren. Hier fallen immer wieder den Grünen nahestehende Firmen und Vereine als Empfänger staatlicher Mittel auf. Eines der jüngsten Beispiele ist das Portal „Ukraine verstehen“, das von der Bundesregierung bisher mit 130.800 Euro gefördert wurde. Hinter der Website steht das „Zentrum Liberale Moderne“ – gegründet von den grünen Urgesteinen Marieluise Beck und Ralf Fücks.