© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/23 / 17. März 2023

Mehr Geld für Bunt
Demokratiefördergesetz: Der Bundestag macht Ernst mit der Dauer-Alimentierung linker Vorfeldorganisationen
Jörg Kürschner

Der von der Ampel-Koalition beabsichtigte Umbau der Gesellschaft geht munter weiter. Ins Gesetzblatt haben es bereits das Denunziationsportal „Antifeminismus“ und die Erweiterung des Volksverhetzungsparagraphen geschafft, auf der Etappe ist noch der Geschlechterwechsel à la carte nach dem Selbstbestimmungsgesetz, im parlamentarischen Finale ist das sogenannte Demokratiefördergesetz, das der Bundestag in dieser Woche berät. Es schafft zum ersten Mal einen gesetzlichen Auftrag, „zivilgesellschaftliches“ Engagement zu stärken.

Wer wollte ernsthaft etwas gegen die Förderung der Demokratie einwenden, mag man fragen. Daß sich der demokratische Staat gegen seine Feinde wehren darf, als Erfahrung aus der Weimarer Zeit und der Entwicklung zur NS-Diktatur, ist weitgehend unbestritten und findet sich auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung. Doch wie so häufig ist das Kleingedruckte in kompliziert formulierten Texten wichtiger als die Überschrift. Zur Begründung heißt es dort, „in den vergangenen Jahren haben insbesondere die rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten immer weiter zugenommen“. Von wegen. Bundesinnenminister Nancy Faeser mußte bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2021 einräumen, die Gesamtzahl dieser Delikte ging „von 2020 bis 2021 um knapp 9,6 Prozent zurück auf etwa 20.200 Straftaten“. Das sei jedoch immer noch ein hoher Stand. Richtig, aber von der behaupteten Zunahme kann keine Rede sein.

Vielmehr will die SPD-Politikerin ihrem bei Amtsantritt Ende 2021 prononciert vorgetragenen Versprechen gerecht werden, die Bekämpfung des Rechtsextremismus als „größte Bedrohung“ sei ihr besonderes Anliegen. An Unterstützern fehlt es Faeser nicht, die den Gesetzentwurf zusammen mit dem grün geführten Familienministerium erarbeitet hat. Insgesamt 156 Lobbygruppen der „Zivilgesellschaft“ haben ihre Stellungnahmen eingereicht, um den Gesetzesentwurf in ihrem Sinne zu beeinflussen. Solch ein Beteiligungsverfahren ist üblich, auffällig ist aber die politische Schlagseite der Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs). 

Das mag wohl der Grund dafür gewesen sein, daß die Regierung die Liste der Verbände erst widerwillig herausgerückt hat, nachdem die JUNGE FREIHEIT mit einer Klage gedroht hatte (JF 43/22). Es sind ganz überwiegend linke, sich antirassistisch nennende Verbände wie die „Sozialistische Jugend Deutschlands – die Falken“, die „Omas gegen Rechts Deutschland e.V.“ oder die „Aktion Courage e. V. / Schule ohne Rassismus“.

Und natürlich die als gemeinnützig anerkannte „Amadeu-Antonio-Stiftung“, die 19 Jahre von der ehemaligen Stasi-Informantin Anetta Kahane geleitet worden ist. In der öffentlich gewordenen Stellungnahme, zusammen verfaßt mit zehn weiteren Lobbygruppen, wird der Machtanspruch unverhohlen artikuliert. Demokratieförderung sei vor allem eine „zivilgesellschaftliche Aufgabe“, heißt es dort. „Dazu gehört auch das Verständnis, daß nicht jede Form von bürgerschaftlichem Engagement oder politischer Bildung automatisch demokratiefördernd ist“. Die finanzielle Förderung von Projekten soll abhängig sein von Inhalten wie Rechtsextremismus und Antirassismus. „Das Gesetz muß präzise benennen, welche Formen und Zwecke von Engagement gefördert werden und welche nicht“.

Der Regierungsentwurf stützt den Anspruch der NGOs auf eine dauerhafte, nicht länger nur projektbezogene, zeitlich befristete Finanzierung, auch wenn keine Vorentscheidungen über Förderhöhen getroffen werden sollen. Klartext in der Stellungnahme der Verbände: „Wir brauchen für die Demokratieförderung eine Vollfinanzierung im Rahmen einer Festbetragsfinanzierung“. Im Rahmen dieser „Vollfinanzierung“ verlangen die Verbände „Autonomie“, um „eigenständig Schwerpunkte in der Arbeit zu setzen“, wie in der Stellungnahme ausgeführt wird. 

„Demokratisch nicht legitimierter Lobbyismus“

Es verwundert nicht, daß diese zivilgesellschaftlichen Akteure eine Extremismusklausel ablehnen, denn politische Bildung müsse von „sicherheitsbehördlicher Funktion freigestellt“ sein. Der Entwurf der Ampel entspricht diesem Verlangen, die Verbände sind also nicht verpflichtet, ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzugeben und zu erklären, daß auch Partnerorganisationen und Mitarbeiter den Zielen des Grundgesetzes verpflichtet sind. Die Extremismusklausel war 2011 von der damaligen Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eingeführt und von ihrer Nachfolgerin Manuela Schwesig (SPD) de facto abgeschafft worden. Faeser-Vorgänger Horst Seehofer (CSU) wollte in der vergangenen Wahlperiode sogar völlig auf die Klausel verzichten mit der Folge, daß die Unionsfraktion das Vorhaben scheitern ließ.

Jetzt, im zweiten Anlauf, will Faeser Nägel mit Köpfen machen. Die Aufmerksamkeit der Kritiker dürfte sich auf die FDP konzentrieren, da Finanzminister Christian Lindner bei der Beschlußfassung des Kabinetts im Dezember Vorbehalte in Form einer Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht hatte. Dessen Fraktionskollegin Linda Teuteberg betonte, das Grundgesetz sei antitotalitär und gehe über Antifaschismus hinaus. Linksextremismus und Islamismus dürften nicht verharmlost werden. Die NGOs seien „nicht demokratisch legitimiert, sondern betreiben ihre Art des Lobbyismus“.

Für die AfD ist die Sache klar. Das Demokratiefördergesetz diene „ausschließlich der Sicherstellung finanzieller Großgeschenke in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro jährlich für linke und regierungsnahe Institutionen“, sagte Bundesvize Stephan Brandner gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Das Vorhaben offenbare auch die Angst vor einer meinungspluralistischen Gesellschaft und erweise der Demokratie einen Bärendienst. Anders als andere parteinahe Stiftungen wie etwa die Konrad-Adenauer- oder die Rosa-Luxemburg-Stiftung wartete die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) vergeblich auf eine Einladung am Beteiligungsverfahren.

Zum Verfahren hatte das Innenministerium der jungen freiheit mitgeteilt, man habe „alle parteinahen politischen Stiftungen auf Bundesebene“ beteiligt, „die eine staatliche Förderung in Form von Globalzuschüssen erhalten“. Die wiederum wurden der DES bisher verweigert – ohne gesetzliche Grundlage, wie das Bundesverfassungsgericht gerade erst geurteilt hatte (JF 10/23).